Die Anteil von griechischen Aktien in meinem Musterdepot beträgt rund 30%. Der Spielwarenhändler Jumbo, der Lotto- und Wettanbieter OPAP und der Autovermieter Autohellas sind in meinem Depot enthalten.
Im Juni ist der Athex Composite Index bereits um 20% gestiegen. Damit steht er immer noch unter dem Stand von Ende April, aber immerhin. Auch meine drei griechischen Aktien sind ordentlich gestiegen und stehen nun nur noch knapp im Minus. Lediglich Jumbo steht noch 18% unter meinem Kaufkurs. Mein Depotwert ist damit innerhalb weniger Tage deutlich gestiegen. Ein Grund zur Freude! Oder?
was bringen steigende Kurse überhaupt?
Auf der anderen Seite: wenn man mal genauer darüber nachdenkt: was bringen mir denn steigende Kurse? Meine Aktien haben für mich einen bestimmten Wert, der sich nach dem Wert des dahinterstehenden Unternehmens bemisst. Macht dieses Unternehmen Gewinne, profitiere ich durch Dividenden. Selbst wenn keine Dividenden ausgeschüttet werden, werden die Gewinne reinvestiert und erhöhen, wenn dies sinnvoll geschieht, die zukünftig erzielbaren Unternehmensgewinne noch weiter.
Steigende Kurse sind für den Investor nur in einem Spezialfall etwas gutes: wenn er verkaufen will. Habe ich vor meine griechischen Aktien zu verkaufen? Das kommt auf den Preis an… Derzeit würde ich etwa bei einer Verdopplung der Kurse verkaufen, oder wenn sich mir eine deutlich günstigere Investitionsmöglichkeit bietet (die derzeit nicht in Sicht ist). Von einem Kursanstieg von 10, 20 oder 30% habe ich also rein garnichts. Außer, dass mein Musterdepot auf dem Papier etwas hübscher aussieht.
fallende Kurse können ein Segen sein
Für eine Personengruppe, der vermutlich garnicht so selten ist, sind fallende Kurse sogar ein Segen: für Investoren nämlich, die monatliche Einnahmen haben, die investiert werden möchten. Was kann besser sein, als generell niedrige Kurse, wenn man immer mehr Geld investieren muss? Je niedriger die Kurse, desto höher die Unternehmensgewinne im Verhältnis zum Kaufpreis.
Und machen wir uns nichts vor: langfristig sind die Unternehmensgewinne auch der Gewinn der Aktionäre insgesamt. Abzüglich Transaktionskosten und Steuern. Mehr Gewinn, als das dahinterstehende Unternehmen erwirtschaftet, kann man als Aktionär nur erwarten, wenn entweder die Kurse dauerhaft stärker steigen, als die Unternehmensgewinne. Und das erscheint mir äußerst unwahrscheinlich. Oder man schafft es, regelmäßig billig zu kaufen und teuer zu verkaufen. Das hört sich einfach an, aber machen wir uns nichts vor. Die meisten schaffen das nicht. Man muss dafür cleverer als der Durchschnitt sein und auch noch erhöhte Transaktionskosten ausgleichen. Und der Durchschnitt, das sind nicht die Nachbarin, der Briefträger oder dein Klempner. Sondern der Durchschnitt wird vor allem bestimmt durch Fondsmanager und andere Finanzprofis. Sicher ist es möglich, überdurchschnittlich gut abzuschneiden (mit diesem Blog versuche ich ja zu zeigen wie, ich hoffe das gelingt mir). Aber ich denke es ist schwerer, als die meisten denken.
ist die Situation in Griechenland besser geworden?
Wenn mir die steigenden Kurse also zumindest kurz- und mittelfristig egal sein können, hat sich denn zumindest etwas am Wert meiner griechischen Aktien in den letzten Wochen etwas zum positiven verändert? Sind also die langfristigen Gewinnaussichten meiner Unternehmen besser geworden? Möglicherweise. Denn immerhin scheint die nun gebildete Griechische Regierung einigermaßen gewillt zu sein, das zu tun, was getan werden muss: die Ausgaben mit den Einnahmen in Einklang zu bringen. Ob ihr das gelingt, weiß ich nicht. Ich weiß nichtmal, ob nicht die linksradikale Syriza besser für die griechische Wirtschaft gewesen wäre. Ich bezweifle es, aber die Zusammenhänge in so einer Krise sind verdammt komplex, was passiert und was der beste Weg wäre, weiß vermutlich niemand so genau, auch wenn uns einige “Experten” das Gegenteil erzählen.
Aber das ist ja aus Investorensicht eigentlich das “schöne” an Griechenland. Extrem hohe Unsicherheit, was passieren wird und dadurch extrem niedrige Aktienkurse. Ich glaube aber, dass diese Unsicherheit überbewertet wird. Klar weiß ich nicht, was passieren wird. Aber ich kann mir nicht viele Szenarien vorstellen, die eine Bewertung solider griechischer Unternehmen mit einem KGV von 3 oder darunter rechtfertigen. Ein dauerhafter Abstieg Griechenlands zum Entwicklungsland könnte vielleicht dazu führen. Ein langandauernder Bürgerkrieg. Oder eine Enteignung von Aktienbesitzern. Vielleicht bin ich nur ein unverbesserlicher Optimist, aber ich halte diese Szenarien für recht unwahrscheinlich. Lassen wir uns überraschen!
- Die besten Investmentbücher
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- Bewertung von Unternehmen (DCF oder DDM?)
- Welche Risikoprämie bei der Aktienbewertung?
- Aktienanalysen
- unterbewertete Aktien finden
— Martin · 27. June 2012, 17:39 · #
hoher Preis:
+Kapitalerhöhung
+Verkauf der Aktien
-Kauf von Aktien (man selbst und auch bei Aktienrückkaufprogrammen)
Ich achte auch eher auf die Gewinne und Entwicklung der Buchwerte.
Autohellas hat doch im ersten Quartal einen Verlust gemacht, oder war das bei denen immer so?
Aktien mit einem 3er KGV habe ich nicht gefunden, da die 1Q2012 Ergebnisse schon bei vielen schlechter waren und das KGV somit höher, wenn man das hochrechnet. Ich habe bei einem 3,3 KGV gekauft und bin jetzt ca. 20% im Plus (virtuell).
Falls die Preise fallen, wären zumindest für mich auch interessant:
-TERNA ENERGY S.A.
-PLAISIO COMPUTERS S.A.
-die ganzen Reits, wenn die Mieter nicht Pleite gehen (zumeist Banken)
Da sich fundamental nichts verbessert hat, was mir auffällt,und die Kurse gestiegen sind, überlege ich schon einen Teil wieder zu verkaufen.
— Ulrich · 28. June 2012, 00:00 · #
Du hast sicherlich Recht damit, dass Kurse langfristig nicht stärker steigen als der Kurs. Die Betonung liegt hier auf langfristig.
Denke umzu länger Griechenland dabei bleibt um zu wahrscheinlich sind auch Euro Bonds und das ganze… Hat man sich dadurch entschlossen bleiben die Wackelkandidaten für immer und die Transfer-Union wird zum Faktum.
lieber Gruß und viel Erfolg in Griechenland ;)
— Alex · 29. June 2012, 16:01 · #
Momentan steht der Dax bei 3% im Plus… auch meine Werte werden sicher etwas nach oben geschwämmt…
eigentlich sollte man diese ganzen Kursänderunge ja irgendwie gefühlskalt ignorieren und sein wertorientiertes Investieren einfach weiter betreiben… und eigentlich sollte man sich am besten noch über fallende kurse freuen
aber ich muss gestehen dass ein Steigen des Gesamtmarkts und auch ein Steigen meines Depots mir schon eine gewisse erleichterung verschaft …
wo hingegen man bei einem Kursverfall etwas ins schwitzen kommt… waren die eigenen Annahmen doch falsch ???
Verdammte Psychologe!
— Pferdefresse · 30. June 2012, 16:17 · #
Ulrich schrieb: “Du hast sicherlich Recht damit, dass Kurse langfristig nicht stärker steigen als der Kurs. Die Betonung liegt hier auf langfristig.”
Ich glaube, auch kurzfristig steigen Kurse nicht stärker als der Kurs! ;-)
Aber mal ernsthaft: Manchmal braucht man doch Geld. Ich musste mir vor kurzem ein Auto kaufen und dafür plötzlich ein paar Tausend Euro locker machen. Dafür überlegt man sich natürlich, ob man im Kurs gestiegene AGs veräußert, die eigentlich immer noch unterbewertet sind, aber schon “Rendite” ergeben, oder abgestürzte, die auch unterbewertet sind und deswegen nur mit Verlust verkauft werden können. Dafür wären zwischenzeitliche drastische Anstiege natürlich eine feine Sache gewesen.
Ich hab zwei Arten von Investments, nämlich Daueranlagen, die nur alle paar Jahre im Sonderangebot gekauft werden, und Zykliker oder Turnarounds als Schnäppchen, die ich mit Kursgewinn auch bei Gelegenheit wieder abstoße. Für die zweiten heißt “Value” halt nur, dass sie billig waren, und wenn sie zu teuer werden, werden sie wieder ausgetauscht.
Bei Griechenland habe ich mich auf Frigoglass beschränkt – niedriges Risiko, und mit Ende Mai bei 3,3 Euro trotzdem unfair bewertet -. Die liegen jetzt bei +30% und werden wohl bald mit Gewinn wieder verkauft.
— Ulrich · 30. June 2012, 19:58 · #
Meine Natürlich langfristig nicht stärker Steigen als die Unternehmensentwicklung :)
Aber mal ernsthaft: Manchmal braucht man doch Geld. Ich musste mir vor kurzem ein Auto kaufen und dafür plötzlich ein paar Tausend Euro locker machen. Dafür überlegt man sich natürlich, ob man im Kurs gestiegene AGs veräußert, die eigentlich immer noch unterbewertet sind, aber schon “Rendite” ergeben, oder abgestürzte, die auch unterbewertet sind und deswegen nur mit Verlust verkauft werden können. Dafür wären zwischenzeitliche drastische Anstiege natürlich eine feine Sache gewesen.
Man verkauft lieber die Aktien, die im + liegen. Aber eigentlich sollte man ja eher die Looser aussotiern, außer die haben natürlich wirklich größeres Potential.
Schwierige Sache. Man verkauft nicht gerne im Minus.
— Paul · 4. July 2012, 01:02 · #
Ist die Situation in Griechenland besser geworden?
Ein Engagement in griechische Gesellschaften ist meines Erachtens mit sehr hohem Risiko behaftet. Griechenland wird nur mit einem Wechsel zur Drachme, also raus aus dem Euro, volkswirtschaftlich wieder auf die Beine kommen,
siehe: Ist der Euro noch zu retten – Hans-Werner Sinn 19.12.2011
http://www.youtube.com/watch?v=yI4g8Ti6eTM&feature=related
Dividenden werden somit auch in Drachme ausbezahlt werden.
Viele Grüße
Paul
— funktionaler Bewerter · 7. July 2012, 22:15 · #
Im Musterdepot wurde die Juni-Dividende von Microsoft vergessen. Viel Erfolg auch weiterhin für das Depot!
— Lory · 6. October 2012, 12:20 · #
Wie haben sich die griechischen Aktien denn mittlerweile so entwickelt? Würde mich schon interessieren. Vielleicht kann man da noch etwas mehr erfahren.
— Martin · 8. October 2012, 19:52 · #
Hier ist zum Beispiel der Chart von Terna Energy seit meinem Kommentar
http://de.finance.yahoo.com/echarts?s=TENERGY.AT#symbol=tenergy.at;range=20120627,20121008;compare=;indicator=volume;charttype=area;crosshair=on;ohlcvalues=0;logscale=off;source=undefined;
Inzwischen sehe ich den Preis aber auch nicht mehr als wahnsinnig günstig an.
Der Rest ist auch bei Yahoo. Immer auf .at achten bei der Auswahl,da Athen die BÖrse mit den größten Umsätzen ist. Insgesamt sind die Preise leider gestiegen.
— Stefan Mohr · 8. October 2012, 20:35 · #
Also zusammengefasst: Ja, die griechischen Aktien haben sich (klammert man OPAP mal aus) bisher recht gut entwickelt. Allerdings würde ich das nicht überbewerten. Ich denke es ist nicht unwahrscheinlich, dass griechische Aktien die nächsten Jahre recht volatil sein werden. Die Lage kann also in kurzer Zeit schon wieder anders aussehen. Falls die Kurse nicht plötzlich extrem steigen, werde ich die Aktien wohl wenigstens 2-3 Jahre halten.