Ist die Diversifikation eines Aktienportfolios notwendig? Und wie stark? Diese Frage wird immer wieder diskutiert. Ich werde meine eigenen Überlegungen zur Diversifikation und meine Schlussfolgerungen daraus zusammenfassen. Das Thema werde ich insbesondere mit Bezug auf Portfolios bestehend aus Einzelaktien betrachten, ähnliches gilt aber auch mit Bezug auf Anleihen, Immobilien und andere Anlageformen.
Diversifikation ist (fast immer) sinnvoll
Zunächst einmal eine grundsätzliche Feststellung. Diversifikation bedeutet, nicht alles auf eine Karte zu setzen. Wenn man zwei verschiedene Aktien kauft, hat man also schon diversifiziert (wenn auch nicht sehr stark). Ist es sinnvoll, seine Investments zu streuen und mehr als eine Aktie zu kaufen? Ich glaube, da wird es nicht viele Diskussionen geben. Da man sich immer irren kann und nie in der Lage sein wird, die Zukunft zu 100% vorherzusagen, kann man mit einer Aktie immer sehr große Verluste erleiden. Und im Extremfall sein Vermögen komplett zu verlieren ist nicht akzeptabel, egal wie niedrig die Wahrscheinlichkeit dafür ist.
Eine Ausnahme sehe ich eventuell, wenn man wenig Erspartes hat, aber im Monat recht viel sparen kann. Wer beispielsweise aktuell ein Portfolio im Wert von 5000€ besitzt, aber im Monat weitere 1000€ sparen wird, kann es sicherlich verantworten, von den 5000€ nur eine Aktie zu kaufen. Danach sollte man aber relativ bald mit dem Diversifizieren anfangen.
Was erreicht man mit Diversifikation und was nicht?
Betrachten wir dazu erstmal die Auswirkungen von Diversifikation. Je stärker man diversifiziert, desto weniger hängt die Rendite des Gesamtportfolios von den Einzelentscheidungen ab. Die Schwankungsbreite des Portfolios nimmt ab. Das hört sich gut an, ist es aber nicht immer! Natürlich verringert man die negativen Auswirkungen, wenn man sich mit einer Entscheidung mal irrt. Aber man verringert auch die positiven Auswirkungen, wenn man sehr gute Entscheidungen trifft!
Diversifikation glättet also die Anlageergebnisse. Nicht mehr und nicht weniger. Wenn man überwiegend schlechte Anlageentscheidungen trifft, kann auch Diversifikation nicht für ein gutes Ergebnis sorgen.
Günstige, aussichtsreiche Aktien auszusuchen, bleibt also entscheidend für die zu erwartende Rendite. Diversifikation ist nur notwendig, um die Auswirkungen von Fehlentscheidungen, die jedem Investor unterlaufen werden, nicht katastrophal werden zu lassen. Weniger aussichtsreiche Aktien zu kaufen, nur um zu diversifizieren kann absolut kontraproduktiv sein.
Fazit also: so viel diversifizieren wie notwendig ist, um die Wahrscheinlichkeit katastrophaler Verluste zu verringern. Aber den Kauf weniger hochqualitativer Investments vermeiden!
Und wie stark diversifiziert man nun?
Ihr seht schon, um diese wichtige Frage drücke ich mich etwas. Ganz einfach, weil es darauf keine allgemeingültige Antwort gibt.
Ein Faktor, die hier eine Rolle spielt, ist zum einen die eigene Risikoneigung. Wer kurz vor der Rente steht, hat hier sicher ganz andere Anforderungen, als ein ungebundener 20-jähriger.
Auch das Risiko von Fehlentwicklungen spielt eine Rolle. Investiert man vornehmlich in stabile, sehr genau bewertbare Unternehmen, benötigt man sicher weniger Diversifikation, als wenn man in Turnaround-Kandidaten investiert.
Aber auch die eigene Psyche ist nicht zu verachten: wer sensibel auf starke Portfolioschwankungen reagiert, muss seine Investments stärker streuen, denn ein ungutes Gefühl verleitet sonst schnell zu Fehlentscheidungen.
Meine persönliche Diversifikationsstrategie
Da es nun keine allgemeingültige Strategie gibt, ich also die Titelfrage nicht beantworten konnte, bleibt mir nur noch eins: meinen persönlichen Umgang mit dem Thema beschreiben. Dieser kann als Anregung dienen, ist aber sicherlich nicht für jeden so zu empfehlen.
Grundsätzlich konzentriere ich mich auf meine besten Ideen. Das heißt, ich konzentriere mich auf stark unterbewertete Aktien, bei denen ich mir also sehr sicher bin, dass sie mehr wert sind, als ich dafür bezahle. Das verringert mein Risiko schonmal stark, ohne dass ich diversifiziert habe.
Wenn ich jetzt 50 Aktien habe, bei denen ich mir sehr sicher bin und das Chance-Risiko-Verhältnis als sehr gut einschätze, dann verteile ich mein Kapital gerne auf diese 50 Aktien und diversifiziere damit recht stark. Dass ich so viele gute Investments finden konnte ist leider bisher noch nie vorgekommen und ich glaube nicht, dass es je vorkommen wird. Ich muss also mit weniger Diversifikation auskommen, wenn ich nur dort investieren will, wo ich mir sehr sicher bin, ob ich will oder nicht.
Das bedeutet in der Regel, dass ich sehr wenig diversifiziere. Ich denke aber, dass ich mein Risiko alleine dadurch schon verringert habe, dass ich nur sehr günstig kaufe. Um die Konsequenzen aus Irrtümern und extremen Entwicklungen zu verringern, behalte ich trotzdem ein Mindestmaß an Diversifikation bei. Ich muss z.B. damit leben können, bei einem Einzelwert einen Totalverlust zu erleiden.
Wohlgemerkt: damit LEBEN können! Positionsgrößen so klein zu wählen, dass man auch bei einem Totalverlust nur 1% seines Portfolios verliert, halte ich für absolut übertrieben. Wenn ich mir bei einer Aktie sehr sicher bin, investiere ich im Extremfall bis zu 50% meines Portfolios. 50% zu verlieren wäre hart, aber ich könnte damit leben und nehme dieses Risiko in Kauf, wenn ich dafür den Vorteil habe, nur in meine allerbesten Ideen zu investieren.
Die Strategie sieht man in meinem Musterdepot umgesetzt: Drei Werte, die meine besten Ideen sind, mehr Diversifikation gibts es mangels Ideen nicht. Da ich mir aber bei allen drei Investments sehr sicher bin, dass sie auch unter sehr widrigen Umständen mehr wert sind, als ich bezahlt habe, denke ich, dass mein Risiko mit dieser geringen Diversifikation ausreichend minimiert ist.
Zusammengefasst:
Ich konzentriere mich auf meine besten Ideen. Sind das sehr viele: gerne, ich hab kein Problem mit Diversifikation! Aber sind es nur sehr wenige, geht selektives Investieren in sehr aussichtsreiche Werte vor.
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