Einhell Germany AG - tot mehr wert als lebendig?

10. December 2012 -  ,  -  Stefan Mohr

Einhell dürfte wohl vielen, die schonmal einen Baumarkt betreten haben, ein Begriff sein. Auch der Fernsehwerbespot vom Herbst dieses Jahres dürfte wohl noch etwas mehr zum Bekanntheitsgrad beigetragen haben.

Einhell gefällt mir vor allem aufgrund seiner recht stabilen Ertragsentwicklung, geringer Verschuldung und langfristiger Orientierung des Managements. Zunehmend kommt jetzt aber auch noch ein weiterer Fakt hinzu: die Einhell-Aktie ist ziemlich billig, ganz unabhängig von den Gewinnen des Einhell-Konzerns. Mehr dazu aber später.

Kurzbeschreibung

Einhell entwickelt und vertreibt Werkzeuge und Gartengeräte. Der überwiegende Teil der Geräte sind Elektrogeräte wie Akkuschrauber, Kreissägen, Rasenmäher, Heckenscheren uvm.

Produziert werden die Geräte nicht selbst sondern von Lieferanten in China und teilweise auch Vietnam. Preislich positionieren sich die Einhell-Produkte als deutlich günstiger als die Top-Marken, aber qualitativ über No-Name Produkten. Die Hauptzielgruppe sind damit Hobbyanwender, die günstige Produkte für den nicht-professionellen Einsatz suchen.
Neben Produkten die unter der Marke Einhell verkauft werden, werden aber auch Produkte für andere Abnehmer unter eigenem Namen vertrieben, z.B. entdeckt man auf Elektrowerkzeugen von Aldi oft, dass die Produkte von Einhell stammen.

Net-Nets gibts nicht mehr? Doch!

Benjamin Graham kaufte gern Unternehmen, die unter ihrem Netto-Umlaufvermögen gehandelt wurden, sogenannte Net-Nets.
Er ignorierte alle langfristigen Vermögenswerte und betrachtete nur das Umlaufvermögen. Die Überlegung dabei: Die Bewertungsunsicherheiten des Umlaufvermögens (Zahlungsmittel, Vorräte, Forderungen aus Lieferungen und Leistungen u.ä.) sind relativ gering. Sie lassen sich in der Regel zu ungefähr dem Wert mit dem sie in der Bilanz stehen relativ schnell veräußern. Ob sich Sachanlagen dagegen kurzfristig zum Bilanzwert veräußern lassen, ist sehr ungewiss.
Vom Umlaufvermögen zog Graham dann alle Verbindlichkeiten, also kurzfristige und langfristige ab. Die Differenz aus beiden Werten ist der Net Current Asset Value. Der Net Current Asset Value ist eine grobe Abschätzung für den potentiellen Liquidationserlös eines Unternehmens, der den Aktionären zufließen könnte. Theoretisch sollte also kein Unternehmen zu weniger als dem Net Current Asset Value an der Börse gehandelt werden. Denn wenn ein Unternehmen weniger als den Liquidationswert wert ist wenn es fortgeführt wird, warum sollte es dann nicht liquidiert werden? Betriebswirtschaftlich wäre alles andere Unsinn.
Natürlich wird ein Net-Net nicht unbedingt liquidiert. Trotzdem war Grahams Strategie, eine größere Zahl von Aktien zu halten, die zu weniger als 2/3 des Net Current Asset Value gehandelt werden, sehr erfolgreich.

Immer wieder wird behauptet, dass es Net-Nets quasi nicht mehr gibt. Vielleicht sind es weniger als früher, aber trotzdem findet man immer wieder mal welche. Einhell ist eines davon. Mit den Finanzzahlen zum 30.09.2012 ergibt sich folgendes Bild:

Umlaufvermögen: 242,5 Mio. €
gesamte Verbindlichkeiten: 116,3 Mio. €
——————————————
Net Current Asset Value: 126,2 Mio. €
aktuelle Marktkapitalisierung: ca. 106 Mio. €

Einhell notiert also zu etwa 85% des Net Current Asset Value. Wie könnte man das rechtfertigen? Mir fallen folgende Gründe ein:

  • Einhell wird in Zukunft Verluste machen und dann liquidiert werden. Damit sinkt der Liquidationserlös für die Aktionäre gegenüber dem jetzigen Schätzwert und der Kurs könnte gerechtfertigt sein
  • Einhell wird in naher Zukunft liquidiert werden und das Umlaufvermögen kann nur für deutlich weniger veräußert werden, als der Wertansatz in der Bilanz steht
  • Einhell wird nicht liquidiert werden und in Zukunft dauerhaft deutlich unterdurchschnittliche Kapitalrenditen erzielen

Ist eines dieser Szenarien realistisch? Ich würde die ersten beiden Szenarien absolut ausschließen. Einhell ist ein profitables Unternehmen, welches immer weiter expandiert. Man sollte niemals nie sagen, aber eine Liquidation von Einhell kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen.
Bleiben wir also beim dritten Erklärungsversuch: wird Einhell in Zukunft dauerhaft unterdurchschnittliche Kapitalrenditen erzielen? Wenn ja, könnte der aktuelle Aktienkurs gerechtfertigt sein, wenn nein, ist der Aktienkurs eindeutig zu niedrig.

Wir sind also wie immer bei einem Unternehmen welches fortgeführt wird, auf die Einschätzung der zukünftigen Ertragskraft angewiesen, um den Wert des Unternehmens zu schätzen. Dazu eignet es sich gut, sich die Vergangenheit anzuschauen und abzuschätzen, ob in Zukunft generelle Veränderungen zu erwarten sind.

Finanzergebnisse von Einhell

Einhell existiert bereits seit 1964. Zwar waren Geschäftsmodell und Produkte anfangs nicht mit dem heutigen Konzern vergleichbar (die ersten Produkte waren Schaltanlagen und Transformatoren), aber trotzdem existiert für Einhell eine lange Historie. Auf der Website sind Geschäftsberichte seit 2003 verfügbar. Aus diesen zusammengefasst mal die wichtigsten Daten.

Einhell Germany AG - Umsatz nach Regionen

Die Umsatzentwicklung sieht seit 2007 nicht wirklich berauschend aus. Die hohen Wachstumsraten sind seitdem Vergangenheit. Allerdings sollte man einige Sondereffekte beachten.

Ende 2006 wurde die Weka Holzbau verkauft, die Saunen, Gartenhäuser und Carports verkauft. Dadurch sanken die Umsätze um rund 50 Mio. €. Ohne diesen Effekt wären auch 2007 die Umsätze gesteigert worden und die Entwicklung der jüngeren Vergangenheit sieht schon etwas freundlicher aus. Bedenken sollte man vor allem auch, dass die Weka Holzbau keinen großen Beitrag zu den Gewinnen beigesteuert hat.

2008 wurde die Umsatzentwicklung durch Anti-Dumping-Zölle auf chinesische Kompressoren negativ beeinflusst, die Umsätze mit diesem Produkten brachen stark ein.

Interessant ist auch der Umsatzanteil der einzelnen Regionen.
Der Umsatz im Heimatmarkt Deutschland wurde seit dem Hoch 2006 etwa konstant gehalten, wenn man den Einfluss aus dem Verkauf der Weka herausrechnet.
Die Umsätze in der EU (ohne Deutschland) wurden stark gesteigert. Das lag aber auch zum Teil an der EU-Osterweiterung 2004 und 2007, wodurch Umsätze aus dem Bereich sonstige in den Bereich EU umgegliedert wurden.
Der Umsatz im Bereich Sonstige weist dementsprechend eine Seitwärtstendenz auf, obwohl hier eigentlich ein starkes Wachstum zu verzeichnen war.
Warum die Umsätze in Asien 2011 so stark zurückgingen, ist leider unklar.

Einhell Germany AG - EBIT und Jahresüberschuss

Die Ergebnisentwicklung verläuft ähnlich wie die Umsatzentwicklung. Sehr gut gefallen mir die recht konstanten Gewinne. Selbst im Krisenjahr 2005 wurde der Jahresüberschuss nur recht wenig beeinträchtigt. Das sollte zum einen daran liegen, dass die Produkte von Einhell allgemein nicht so stark krisenanfällig sind, andererseits aber sicher auch an der breiten internationalen Aufstellung, wodurch starke Schwankungen in einzelnen Regionen sich nicht ganz so stark auf das Gesamtergebnis auswirken.

Einhell Germany AG - EBIT-Marge

Noch besser kann man die Konstanz eigentlich an der EBIT-Marge ablesen. Diese lag in den letzten Jahren fast durchgehend zwischen 5 und 7%. Natürlich ist die Zukunft schwer zu prognostizieren, aber ich sehe erstmal nichts, was die Bedingungen für Einhell auf Dauer deutlich verändern sollte und damit keinen Grund, nicht auch in Zukunft von solchen Margen auszugehen. Nicht notwendigerweise jedes Jahr, aber zumindest im Mittel über mehrere Jahre.

Einhell Germany AG - Eigenkapitalrendite und ROIC

Hinweis: der ROIC ist eine Größe vor Steuern, die Eigenkapitalrendite nach Steuern

Neben den Margen ist aber natürlich auch wichtig, wie effektiv das Kapital eingesetzt wird. Das ist insbesondere dann wichtig, wenn ein Unternehmen wie Einhell nur einen kleinen Teil des Gewinns an die Aktionäre auszahlt und den Rest für Wachstum reinvestiert. Wenn die Eigenkapitalrendite gering ist, ist in der Regel auch die Rendite auf neu investiertes Kapital gering. Ein schlechtes Geschäft für die Aktionäre.

Die Eigenkapitalrendite von Einhell ist in den letzten Jahren von sehr guten 15-20% auf akzeptable rund 10% zurückgegangen.
Der Grund dafür ist allerdings nicht nur eine geringere Profitabilität sondern auch ein Abbau der Finanzverschuldung. Während die Netto-Finanzverschuldung 2002 noch höher als das Eigenkapital war, ist Einhell heute fast schuldenfrei. Entsprechend wird die Eigenkapitalrendite natürlich nicht mehr gehebelt. Das ist mir aber lieber, denn so gibt es mehr Reserven und geringeres Risiko.

Um trotz der veränderten Kapitalstruktur die Profitabilität vergleichen zu können, ist es besser sich den Return on Invested Capital anzusehen.

Auch der ROIC ist seit seit 2007 recht stetig gesunken. Das liegt daran, dass zum einen die Forderungen aus Lieferungen und Leistungen später bezahlt werden und zum anderen die Vorräte langsamer umgeschlagen werden. Das ist ehrlich gesagt noch ein offener Punkt, denn so ganz klar ist mir nicht, woran das liegt. Eine Antwort auf diese Frage würde ich aber wichtig finden. Hat jemand eine Erklärung? Schreibt einfach einen Kommentar!

jüngste Entwicklung

Eines sollte man natürlich auch nicht unter den Tisch fallen lassen. Die ersten drei Quartale des Jahres 2012 liefen aus Ertragssicht relativ schlecht. Die Umsätze konnten zwar leicht gesteigert werden, der Gewinn im Vergleich zur Vorjahresperiode ging jedoch um 1/3 zurück. Für das Gesamtjahr geht der Vorstand von etwa 380 Mio. € Umsatz und einer Vorsteuerrendite von etwa 3% aus. Der Jahresüberschuss sollte damit also nur gut 8 Mio. € betragen, was weniger ist als im Krisenjahr 2009. Das wird wohl auch der Grund für die recht schwache Kursentwicklung sein.

Ich stelle mir allerdings die Frage, in wie fern die schwache Entwicklung 2012 den Wert der Einhell-Aktie verringert. Denn einen Einfluss hat das nur, wenn man davon ausgeht, dass sich das in Zukunft so fortsetzt. In der Ad-hoc zu den Q3-Zahlen heißt es:

Die Kosten für Investitionen in die Marke „Einhell“ [insbes. TV-Werbung], in den internationalen Service und für das zusätzliche Personal in den neuen ausländischen Tochtergesellschaften wirken sich jedoch noch deutlich belastend auf das Konzernergebnis aus.

Zwar hatte wohl auch die verhaltene Konsumneigung in Europa ihren Anteil an der schlechten Ertragslage, aber der Großteil des Gewinnrückgangs scheint wohl eher an Investitionen zu liegen.

Ich würde daher die Ergebnisse des Jahres 2012 eher nicht als Maßstab für die Zukunft heranziehen.

Bewertung

Machen wir es kurz: Einhell wird derzeit zu dem 7,5-fachen des Jahresüberschusses 2011 gehandelt. Von den Margen kann man 2011 als durchschnittliches Jahr bezeichnen. Das 2012er-Ergebnis wird wesentlich schlechter ausfallen, was die Aktie wieder optisch teurer macht. Wie gesagt gehe ich aber nicht davon aus, dass das Ergebnis 2012 als Maßstab für die längerfristige Zukunft allzu relevant ist. Genaue Prognosen werde ich nicht liefern, das wäre Kaffeesatzleserei. Aber ein Unternehmen welches fast schuldenfrei ist und in der Vergangenheit durchgängig eine recht stabile Profitabilität gezeigt hat mit dem 7,5-fachen des Gewinns eines durchschnittlichen Jahres zu bewerten, nur weil es im aktuellen Jahr mal schlechter läuft, scheint mir etwas zu pessimistisch.

Noch sicherer machen mich allerdings auch die Vermögenswerte von Einhell. Einhell wird derzeit etwa zum 0,7-fachen des Buchwertes und zum 0,85-fachen des Net Current Asset Values gehandelt. Selbst wenn Einhell in Zukunft deutlich weniger profitabel ist als vermutet, gibt das eine gewisse Sicherheit gegen Verluste.

Beachten sollte man allerdings auch folgendes: da Einhell einen großen Teil des Jahresüberschusses reinvestiert, müssen die Gewinne langfristig gesteigert werden, damit Einhell ein profitables Investment wird. In den letzten Jahren ist das nicht wirklich gelungen, was zu einer sinkenden Eigenkapitalrendite geführt hat.
Ich bin allerdings optimistisch, dass das langfristig gelingt. Die internationale Expansion wird von Einhell vorangetrieben, Einhell-Produkte werden in immer mehr Ländern vertrieben. Die aktuelle Marktschwäche in Europa verhindert Wachstum, aber auch das wird sich irgendwann wieder ändern.

Fazit

Die zukünftige Ertragskraft von Einhell ist, wie bei jedem anderen Unternehmen, nicht sicher abschätzbar. In der Vergangenheit waren die Margen aber für viele Jahre relativ stabil. Die aktuelle Ertragsschwäche sehe ich eher als kurzfristige Auswirkung verschiedener Faktoren an, die langfristig wenig Relevanz haben.
Zusätzlich ist Einhell konservativ finanziert, und wird derzeit knapp unter Net Current Asset Value gehandelt, der eine grobe Abschätzung für den Liquidationswert ist.

Alles in allem ist die Bewertung nicht so niedrig, dass ich in Begeisterungsstürme ausbreche, aber ich bin mir recht sicher, dass ich hier auf Dauer keinen Kapitalverlust erleiden werde. Ich denke dass Einhell derzeit attraktiver ist als Cash zu halten und werde entsprechend in meinem Musterdepot in den nächsten Tagen eine erste Position aufbauen.

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