Über dein kleinen PC-Hersteller Hyrican hatte ich am 28. Oktober 2011 einen Artikel geschrieben. Das Unternehmen hatte damals eine Marktkapitalisierung von rund 14 Mio. €, bei einem Cashbestand von 20 Mio. € und geringer Verschuldung. Pferdefuß war allerdings ein seit Jahren laufendes Verfahren über ggf. nachträglich zu entrichtende Urheberrechtsabgaben. Im Fall des Falles hätte dies wohl zu Kosten von “mehreren Millionen Euro” geführt.
Mein Fazit war damals: ich würde aufgrund der Unsicherheiten zur Hälfte des Cashbestandes, also zu 2,50€ je Aktie kaufen – ein Niveau, welches die Aktie nie erreicht hat. Was ist seitdem passiert? Hier mal ein kurzes Update (auch auf Wunsch eines Lesers übrigens).
Kursentwicklung
Hier die Kursentwicklung seit meinem Artikel damals:
Hätte ich mal gekauft… Hier hätte man innerhalb kurzer Zeit gute Gewinne machen können. Tja, hätte hätte… Wenn ich die Zukunft vorraussehen könnte, wäre das Investieren deutlich leichter. Da ich das nicht kann, würde ich sagen: Meine Entscheidung, damals nicht einzusteigen, hatte seine Gründe. Vielleicht war ich ein wenig übervorsichtig, aber mir war weder klar, wie teuer ein negativer Ausgang des Urheberrechtsverfahrens werden könnte, noch wie wahrscheinlich ein solcher ist. In Anbetracht dessen war mir die Sicherheitsmarge einfach zu gering…
kleine Schlacht um die Kontrolle
Was ist nun seit meinem letzten Artikel passiert? Hier eine kurze Übersicht der Ereignisse:
26.10.2011: Übernahmeangebot der Deutsche Balaton AG
Bereits einen Tag vor Veröffentlichung meines Artikels, aber nachdem ich den Artikel fertiggestellt hatte, unterbreitete die Deutsche Balaton AG ein Übernahmeangebot. Geboten wurden 4,05 € je Aktie für bis zu 10% (400.000 Stück) des Grundkapitals. Der Kurs sprang von 3,50€ auf diesen Wert. Bis zum Ende der Annahmefrist wird das Angebot aber nur für 17.401 Aktien angenommen.
28.10.2011: Großaktionär verkauft an Balaton
Die Deutsche Balaton berichtet, dass ihr mehr als 25% der Anteile an Hyrican gehören. Herr Peter Wicht (übrigens Vorstand der ebenfalls börsennotierten MIFA Mitteldeutsche Fahrradwerke), der mit 32,5% der Anteile genauso viel an Hyrican gehalten hat wie der Vorstandsvorsitzende, teilt gleichzeitig mit, dass sein Anteil auf 0% gefallen ist. Er wird also wohl an Balaton verkauft haben.
30.11.2011: Deutsche Balaton erhöht auf 4,50€
Nach Beendigung des ersten Übernahmeangebotes bietet die Deutsche Balaton nun 4,50€ für bis zu 200.000 Aktien. Für 11.168 Aktien wird das Angebot angenommen.
19.12.2011: Kapitalerhöhung
Hyrican erhöht das Grundkapital um 10% oder 400.000 Aktien unter Ausschluss des Bezugsrechtes der Aktionäre. Der Gesellschaft fließen dabei 1,8 Mio. € zu, also 4,50€/ neu ausgegebener Aktie.
23.01.2012: Kapitalerhöhung durch Sacheinlage
Gegen Ausgabe von 450.000 neuen Aktien wird die Hyrisan Concepte und Systeme GmbH in die Gesellschaft eingebracht.
23.01.2012: Deutsche Balaton bietet nun 5,40€
Die Deutsche Balaton startet ein weiteres Erwerbsangebotngebot, 5,40€ werden für bis zu 100.000 Aktien geboten. 929 Aktien werden der Gesellschaft angedient.
11.06.2012: Gebot auf 9 € erhöht
Die Deutsche Balaton startet ein weiteres Rückkaufangebot für bis zu 250.000 Aktien. Das Angebot ist jedoch an die Bedingung geknüpft, dass auf der Hauptversammlung einige weitreichende Beschlüsse gefasst werden. Unter anderem die Auszahlung einer Dividende von 3 € (diese würden vom Angebotspreis abgezogen werden), die Abberufung aller drei Aufsichtsratsmitglieder und einige weitere. Diese Beschlüsse werden zur Hauptversammlung jedoch nicht gefasst.
…
Also fassen wir mal zusammen. Die Deutsche Balaton hat versucht, einen möglichst großen Stimmrechtsanteil an Hyrican zu erringen. Ziel war es wohl zu erreichen, dass die großen Liquiditätsreserven an die Aktionäre ausgezahlt werden. Der Kurs stieg mit den immer weiter steigenden Erwerbsangeboten der Deutsche Balaton. Nach Beendigung des letzten Erwerbsangebotes ging er dann auf rund 6€, also etwa im Bereich des bilanziellen Eigenkapitals, zurück.
Michael Lehmann, der Vorstandsvorsitzende und Großaktionär war mit diesen Forderungen offensichtlich nicht einverstanden. Da er nur 32,5% der Stimmrechte besaß, bestand für ihn aber die Gefahr, dass er von der Deutsche Balaton überstimmt wird. Um das zu verhindern, erhöhte er seinen Anteil an Hyrican durch eine Kapitalerhöhung gegen Sacheinlage. Auch die weitere Kapitalerhöhung sorgte nach Vermutungen der Deutsche Balaton dafür, dass eine mit Herr Lehmann verbundene Person in den Besitz von Aktien kam. Offensichtlich war diese Strategie erfolgreich, denn bis heute konnte die Deutsche Balaton ihre Forderungen nicht durchsetzen.
Die Position der Deutsche Balaton kann man übrigens sehr gut in dem Erwerbsangebot vom 11.06.2012 nachlesen. Hyrican bzw. Herr Lehmann dagegen schweigt sich aus. In den Geschäftsberichten hat man den Eindruck, dass das Thema möglichst gemieden wird und ich konnte auch sonst keine Aussagen dazu finden.
neues bei den Urheberrechtsabgaben?
Was gibt es nun neues bezüglich der ggf. zu entrichtenden Urheberrechtsabgaben? Das Ganze zieht sich hin…Es gab es einige Gerichtsbeschlüsse, über die ich nicht im Einzelnen den Überblick habe. Hyrican hat Rückstellungen in Höhe von mehr als 2 Mio. € gebildet, die wohl 2013 zu Zahlungsmittelabflüssen führen sollen. Im Geschäftsbericht steht jedoch weiterhin, wie in den Vorjahren, dass im schlimmsten Fall Belastungen von mehreren Millionen Euro entstehen können…
Das Ganze scheint also weiterhin nicht ausgestanden zu sein.
Hauptversammlung 2013
Kurz vor Veröffentlichung dieses Artikels fand übrigens die Hauptversammlung 2013 von Hyrican statt. Auf Verlangen der Deutsche Balaton wurden zwei Gegenstände zur Beschlussfassung ergänzt: nämlich eine Sonderprüfung und eine Prüfung von Schadenersatzansprüchen gegen den Vorstand. Die Abstimmungsergebnisse sind mir noch nicht bekannt, aber diese dürften wohl bald veröffentlicht werden. Man darf gespannt sein.
Und nun?
Jetzt stellen sich mir zwei Fragen:
- hätte man nach dem ersten Erwerbsangebot von Hyrican vorraussehen können, dass weitere, höhere Erwerbsangebote kommen und davon profitieren können?
Das ist eine spannende Frage. Natürlich kann man so etwas nie mit Sicherheit vorraussagen. Aber zumindest hätte man wohl sehen können, dass die Möglichkeit dazu besteht. Und da Hyrican nicht gerade teuer war, waren auch die Verlustrisiken eher begrenzt, wenn es nicht dazu gekommen wäre.
Naja, hinterher ist man immer schlauer…
- könnte es sich jetzt noch lohnen einzusteigen?
Es ist wohl zu vermuten, dass die Deutsche Balaton am Ball bleibt. Vielleicht schaffen sie es irgendwann dafür zu sorgen, dass Hyrican eine Sonderdividende an die Aktionäre auszahlt. Auf der anderen Seite wird Hyrican aktuell etwa zum Eigenkapital gehandelt und es bestehen immer noch Risiken bzgl. der Urheberrechtsabgaben. Auch auf der Ertragsseite sehe ich eigentlich nicht viel Spielraum für allzu positive Überraschungen. Von daher denke ich eigentlich nicht, dass Hyrican beim aktuellen Kursniveau noch allzu große Chancen bietet.
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— krankenhaus · 31. August 2013, 20:24 · #
Hallo Stefan,
du arbeitest doch öfters so schön mit Szenarien, denen du Wahrscheinlichkeiten zuordnest usw.. Es hätte ja auch anders kommen können…
Dass der Aktionkurs danach gestiegen ist, sagt überhaupt nichts darüber aus, ob es richtig oder falsch war, nicht zu investieren. Wenn du damals auf Basis der Faktenlage und der Einschätzung deines eigenen Einschätungsvermögens so entschieden hast, dann ist es auch heute noch nicht richtige Entscheidung. Auch wenn der Aktienkurs paradoxerweise danach gestiegen ist.
Auf das Spiel, wer kauft wann Aktien nach oder auch nicht, sollte man sich nach meiner Auffassung als Kleinanleger nicht einlassen.
Gruß
— Stefan Mohr · 31. August 2013, 20:47 · #
Hi krankenhaus,
im Prinzip sehe ich das genauso. Nur weil jemand anderes einsteigt und den Kurs nach oben treibt, sollte man nicht einsteigen.
Aber wenn bei einer unterbewerteten Aktie ein Großinvestor einsteigt und offensichtlich Missstände beheben will (z.B. nicht genutzten Cash ausschütten), kann das eine gute Möglichkeit sein, quasi als Trittbrettfahrer zu verdienen.
Hyrican war damals für mich ein Grenzfall zwischen gerade attraktiv genug und gerade so nicht. Was ich mich halt frage ist, hätte mich das Engagement von Deutsche Balaton dazu bewegen sollen zu kaufen, weil das die Chancen auf eine halbwegs zeitnahe Aufholung der Unterbewertung erhöht hat?
Und klar, dass der Kurs gestiegen ist, ist im Nachhinein kein Argument dafür, dass ich damals hätte kaufen sollen…
— qwertz · 31. August 2013, 21:52 · #
Hi Stefan,
habe mir gerade den Bericht durchgelesen, den alten kannte ich schon vom letzten mal.
Ich würde hier sagen, du hast entsprechend deinem Informationsstand gehandelt. Evtl hätten Telefonate mit der IR Abteilung der Hyrican und auch der Balaton Ag Informationen preisgegeben die dir da den Vorteil gegenüber anderen Investoren gab.
Auch hätte man damals evtl durch Rückfrage mit dem Management erfahren können, wann die Forderungen wegen Urheberrecht und in etwa welcher Höhe zu entrichten sind. Wie man ja heute nach 2 Jahren sieht, läuft das Verfahren immernoch..
Ich habe mir selber die Firma und auch die Balaton nicht weiter angeschaut, aber mit deinem Wissen würde ich doch evtl noch mal nachhaken bei Balaton, wenn das Geld noch als Dividende zu holen ist, würde ich mich natürlich auf die Seite Balatons schlagen
— Fundifreak · 7. September 2013, 01:17 · #
Moin,
ist ja witzig. Das Unternehmen kenn ich auch :). Hätte, hätte, hätte..jaja..ich kenn das wohl. Als Investor darf man nicht zuviel zurückschauen, verpasste Chancen gibts ja wie Sand am Meer. Hinterher ist man immer schlauer.
Ich hab die Zahlen von der Hyrican schon lang net mehr angeschaut. Oh, oh, der Umsatz… ich komm ja aus der Branche. Die Hyrican hat die gleichen Probleme wie viele andere auch (die ganz großen inklusive). Diese ganze Smartphone/Tabletschiene hat das Geschäft wo man “hergekommen” ist auf den Kopf gestellt …
bis bald.
Grüße.
Robert