Die Gewinne und der Aktienkurs von Bijou sind ja in den letzten Jahren stark eingebrochen. Trotzdem erwirtschaftet Bijou Brigitte nach wie vor überdurchschnittliche Eigenkapitalrenditen. Die Frage ist: werden diese weiter einbrechen oder hat Bijou einen dauerhaften Wettbewerbsvorteil? Diese Frage werde ich im Artikel versuchen zu beantworten.
Entwicklung der Profitabilität von Bijou Brigitte
Ein kurzer Blick auf die Eigenkapitalrendite und EBIT-Marge von Bijou Brigitte zeigt uns folgendes:
Sowohl Eigenkapitalrenditen als auch EBIT-Margen bewegen sich seit 1993 auf einem überdurchschnittlich hohem Niveau. Ausnahmen sind nur 1995/96. Bijou Brigitte hatte also definitiv über einen recht langen Zeitraum einen Wettbewerbsvorteil. Das muss nicht heißen, dass das so bleiben muss. Aber zumindest sind nicht nur einige wenige Jahre überdurchschnittlich hohe Gewinne gemacht wurden.
Interessant wäre es natürlich, noch etwas weiter in die Vergangenheit zu schauen, leider habe ich dazu aber keine Daten gefunden.
Quellen dauerhafter Wettbewerbsvorteile
Jetzt schauen wir uns die möglichen Quellen dauerhafter Wettbewerbsvorteile an und versuchen einzuschätzen, ob diese auf Bijou Brigitte zutreffen.
Niedrigpreisanbieter
Natürlich ist der Schmuck bei Bijou Brigitte recht günstig, wie Modeschmuck das eben so an sich hat. Die Frage ist nur, ob Bijou Brigitte so niedrige Preise hat, dass diese von der Konkurrenz kaum zu unterbieten sind. Es fällt auf, dass die Materialaufwandsquote gerade einmal 16% beträgt. Das heißt, der Schmuck, den man sich für 10€ gekauft hat, kostet in der Herstellung gerade mal 1,60€. Es mag in gewissem Maße normal sein, dass Produkte mit niedrigem Verkaufspreis, die keine absolute Massenware sind, sondern in einer großen Variantenvielfalt verkauft werden, recht hohe Personalkosten und Kosten für die Verkaufsflächen verursachen. Aber ein Billiganbieter, der generell günstiger als die Konkurrenz verkaufen kann, ist Bijou Brigitte sicher nicht.
Netzwerkeffekte
Netzwerkeffekte sorgen dafür, dass ein Produkt für einen Kunden einen Mehrwert besitzt, gerade weil dieses Produkt schon oft gekauft wurde. Machen wirs kurz: so einen Effekt gibt es bei Modeschmuck von Bijou Brigitte offensichtlich nicht.
gutes Markenimage
Sicher ist Bijou Brigitte bekannt. Das bietet schon einen gewissen Vorteil. Aber ich glaube nicht, und das haben mir auch einige weibliche Bekannte und Verwandte bestätigen können, dass Kunden Schmuck von Bijou Brigitte kaufen, nur weil er von Bijou Brigitte ist. Überdurchschnittlich hohe Margen aufgrund eines guten Markenimages kann man also eher nicht erwarten.
hohe Wechselkosten
Bestehen hohe Kosten oder hoher Aufwand bei Wechsel auf das Produkt eines anderen Anbieters, kann möglichweise ein höherer Preis erzielt werden. Ein Effekt, der bei Bijou Brigitte kaum zu erwarten sein sollte.
exklusiver Zugriff auf eine Ressource/Markt
Auch hier wieder ganz kurz: Nein, Bijou Brigitte hat weder ein vom Staat garantiertes Monopol, als einziger die Möglichkeit an Rohstoffe für Modeschmuck zu kommen oder ähnliche Vorteile.
Das Gedankenexperiment
Zum Schluss noch ein Gedankenexperiment. Nehmen wir an, ich hätte nahezu unbegrenzt Geld zur Verfügung, könnte ich es schaffen, Bijou Brigitte ernsthaft Konkurrenz zu machen und dabei selbst überdurchschnittliche Eigenkapitalrenditen verdienen?
Ich könnte versuchen das Konzept von Bijou Brigitte einfach zu kopieren. Also kleine Läden mit einer großen Auswahl an günstigem Modeschmuck. Natürlich dauert es eine Weile, erstmal ein großes Filialnetz aufzubauen. Auch muss ich den Geschmack der Kunden treffen, gleich gut oder möglichst noch besser, als Bijou Brigitte das schafft.
Ein großer Kostenblock bei Bijou Brigitte sind die Löhne und Mietkosten. Schaffe ich hier deutliche Einsparungen, hätte ich definitiv einen großen Vorteil vor Bijou Brigitte. Den Verkäufern deutlich weniger zu bezahlen, wird wohl kaum möglich sein, solange Sklaverei verboten ist. Auch Läden in ähnlichen Lagen zu mieten werde ich kaum günstiger können. Die einzige Möglichkeit die man hätte, wäre also mehr pro Verkäufer und mehr pro Quadratmeter Verkaufsfläche zu verkaufen. Eine richtige Idee wie man das anstellen könnte, hätte ich gerade nicht. Ihr vielleicht? Schreibt einfach einen Kommentar!
Aber mein vorläufiges Fazit lautet erstmal: es wäre durchaus möglich, mit Bijou Brigitte zu konkurrieren, wenn es auch schwer werden könnte, wirklich besser als Bijou Brigitte zu werden. Und man sieht ja auch durchaus, dass viele das versuchen. Es gibt zwar kaum einen Laden, der mit Bijou Brigitte direkt vergleichbar ist. Claire’s verkauft nach meinem Eindruck noch mehr Ramsch nebenbei. SIX verkauft viel über Concessions, z.B. bei C&A oder Karstadt. Und daneben verkauft mittlerweile fast jeder Laden, bei dem es irgendwie passt oder nicht, nebenbei noch Modeschmuck. Es ist die Frage, welche Margen diese Konkurrenten verdienen. Ich denke bei weitem nicht so gute wie Bijou Brigitte. Aber zumindest Umsatzanteile nehmen sie Bijou Brigitte definitiv weg. Und das führt auch dazu, dass Bijou Brigitte pro Ladenfläche immer weniger verkauft, damit der Fixkostenanteil steigt und die Margen sinken.
Fazit
Keine der möglichen Quellen für dauerhafte Wettbewerbsvorteile trifft auf Bijou Brigitte zu. Auch mit Bijou Brigitte ernsthaft zu konkurrieren scheint möglich, wenn auch natürlich nicht einfach. Auf der anderen Seite verdient Bijou Brigitte schon recht lange überdurchschnittlich gut.
Für mich ergibt sich daraus folgendes Bild: Bijou Brigitte besitzt keinen dauerhaften Wettbewerbsvorteil. Aber das Unternehmen ist zum richtigen Zeitpunkt in einem vielversprechenden Markt stark expandiert und hat sich so einen gewissen Vorsprung vor der Konkurrenz verschafft. Wie lange dieser anhalten wird, kann ich nicht sagen. Ich denke nicht für immer, aber es ist auch nicht gesagt, dass die Eigenkapitalrenditen jetzt innerhalb weniger Jahre auf Normalmaß einbrechen müssen.
Bei der Bewertung von Bijou Brigitte rate ich dazu, folgenden Gedanken in Erwägung zu ziehen: welche Gewinnmarge könnte für ein gutes Unternehmen, welches aber keinen starken, dauerhaften Wettbewerbsvorteil vor der Konkurrenz besitzt, realistisch sein? Welcher Gewinn könnte sich daraus ergeben, wenn das Umsatzniveau etwa konstant bleibt? Welcher Aktienkurs wäre dann etwa fair? Auch die hohen Cashreserven kann man natürlich in die Bewertung einfließen lassen.
Führe ich so eine Abschätzung durch, komme ich auf alle Fälle nicht zu dem Ergebnis, dass der aktuelle Marktwert deutlich zu niedrig ist. Klar ist das nur eine Abschätzung. Vielleicht läuft es auch doch besser als erwartet, das kann ich nicht ausschließen. Aber eine deutliche Unterbewertung, die den Aktienkurs unter nahezu allen möglichen Entwicklungen als zu niedrig erscheinen lässt und mich zu einem Kauf verleiten könnte, sehe ich hier nicht.
Abgesehen von dieser Einschätzung gefällt mir das Unternehmen eigentlich sehr gut. Bijou Brigitte hat einen klaren Fokus, wächst langsam aber stetig und tätigt keine teuren Zukäufe. Das einfache Geschäftsmodell lässt sich außerdem leicht überblicken, was eine einigermaßen sinnvolle Bewertung der Aktie erst ermöglicht.
Würde der Aktienkurs auf den Buchwert fallen, also auf etwas über 30€, wäre ich auf alle Fälle interessiert. Davon sind wir weit entfernt, gut möglich, dass es nie dazu kommen wird. Aber Geduld ist eine der wichtigsten Tugenden eines Value Investors.
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