Friday Small Cap Check: Beate Uhse AG

2. November 2012 -  ,  -  Stefan Mohr

Friday Small Cap Check

Um der kalten Jahreszeit entgegenzuwirken, wähle ich heute mal die Beate Uhse AG für den Friday Small Cap Check.

Pleitekandidat?

Beate Uhse wird wohl nahezu jeder kennen. Aber um die Aktie ist es erstaunlich still geworden. Und das nicht ohne Grund: Der Langfristchart sieht nach Pleitekandidat aus. Und die langfristigen Finanzkennzahlen auch. Hier mal eine Langfristübersicht für Umsatz, Jahresüberschuss und Eigenkapital (in Mio. €, stark gerundet):

2011 2010 2009 2008 2007 2006 2005 2004 2003 2002 2001 2000
Umsatz 149 198 231 253 268 271 285 278 266 245 223 164
Jahresüberschuss -8 -68 2 2 -14 10 14 10 10 10 2 6
Eigenkapital 26 34 100 95 66 85 84 73 68 65 60 64

Der Umsatz ist auf dem niedrigsten Stand seit mehr als 10 Jahren, von Gewinnen kann man nur träumen und die Eigenkapitalquote ist zum Geschäftsjahresende 2011 auf bedenkliche 27% gesunken.

Der ein oder andere fragt sich vielleicht, warum ich mir Beate Uhse jetzt ansehe, hatte ich nicht erst versprochen, mir nur noch interessante Aktien anzusehen? Richtig, aber Beate Uhse ist trotz allem nicht uninteressant wie wir sehen werden, denn in letzter Zeit hat sich einiges verändert.

kurzer Unternehmensüberblick

Beate Uhse ist in der Erotikbranche tätig. ach wirklich? Aber schauen wir mal genauer hin. Die 149 Mio. € Umsatz teilten sich 2011 auf folgende Sparten auf:

  • Versandhandel (62,8 Mio. € Umsatz 2011)
  • Einzelhandel (47,5 Mio. €)
  • Großhandel (29,5 Mio. €)
  • Entertainment (9,2 Mio. €)

Der Versandhandel ist also der größte Bereich, gefolgt vom Einzelhandel. Der Großhandel spielt eher eine kleine Rolle und der Entertainmentbereich (sprich Internet und Telefon-Entertainment, näher möchte ich jetzt nicht darauf eingehen) ist recht klein.

Neben der vor allem in Deutschland bekannten Marke Beate Uhse sind übrigens auch die Marken Pabo und Christine le Duc (vor allem Niederlande) sowie Adam & Eve (vor allem Frankreich) wichtige Konzernmarken.

Schaut man sich die Umsatzanteile nach Regionen an, sieht es folgendermaßen aus:

  • Niederlande: 70 Mio. €
  • Deutschland: 52 Mio. €
  • Frankreich: 21 Mio. €
  • übriges Europa: 25 Mio. €

Gründe für den Niedergang

Warum hat Beate Uhse nun eigentlich seit mehreren Jahren so große Probleme, warum gehen die Umsätze stark zurück und es werden Verluste eingefahren? Die Gründe dafür sind sicher vielschichtig, aber die Hauptgründe sind wohl:

1. wachsende Onlinekonkurrenz im Versandhandel
Während in Vor-Internetzeiten die Konkurrenz begrenzt war, machte es das Internet möglich, mit geringen Einstiegshürden im Handel mit Erotikartikeln mitzumischen. Verstärkt wurde dieser Trend sicher auch dadurch, dass das Netz aufgrund der Anonymität für den Einkauf von Erotikartikeln sicher von vielen Kunden stark bevorzugt wird.

2. Schwierigkeiten im DVD-Geschäft aufgrund massiver Onlinekonkurrenz
Wer – nennen wir es mal nicht jugendfreies Filmmaterial (ich rede nicht von Horrorfilmen u.ä.) – konsumieren wollte, tat das bis vor einem Jahrzehnt nahezu ausschließlich, indem er sich eine DVD kaufte. Ein sehr einträgliches Geschäft für Beate Uhse. Mit der zunehmenden Verbreitung des Internets gab es aber bald massenweise, vielfach auch kostenlose, Alternativen.

All das sind Entwicklungen, die man im Nachhinein als logisch ansieht. Aber es ist eben nicht so leicht, langfristige Trends zu erkennen und entsprechend zu handeln. Beate Uhse hat die Bedrohung für das Geschäft zu spät erkannt oder zumindest nicht rechtzeitig die notwendigen Schritte eingeleitet, um dem zu begegnen – und die Quittung dafür bekommen.

Warum ist die Aktie interessant?

So schlimm das alles aussieht, es gibt Grund zu der Annahme, dass sich die Lage bessern könnte

starke Marke

Beate Uhse (und auch die anderen Konzernmarken im Ausland) ist nach wie vor eine sehr bekante Marke. Mit der richtigen Strategie könnte sich daraus doch etwas machen lassen?

Konzentration auf Profitabilität statt Umsatz

In den letzten Jahren konzentriert sich Beate Uhse zunehmend auf Profitabilität. Unprofitable Bereiche werden zurechtgeschrumpft, schlecht laufende Einzelhandelsgeschäfte geschlossen.

Abbau der Verschuldung

Der Vorstand hat in den letzten Jahren die massive Verschuldung sehr stark reduziert.

2004: 74 Mio. € Nettofinanzverschuldung
2005: 65 Mio. €
2006: 94 Mio. €
2007: 74 Mio. €
2008: 43 Mio. €
2009: 47 Mio. €
2010: 48 Mio. €
2011: 38 Mio. €

Versandhandel und Entertainment fast durchgängig profitabel

Interessant ist es auch, wenn man sich die Ergebnisse der einzelnen Geschäftsbereiche mal einzeln anschaut. Dann fällt auf, dass Versandhandel und Entertainment nahezu durchgängig profitabel arbeiten (nur 2010 nicht, als hohe Abschreibungen anfielen). Mit einem weiteren Zurechtschrumpfen und Konzentration auf profitable Bereiche könnte das Ergebnis also durchaus in Zukunft verbessert werden.

gute Zahlen im H1 2012

Auch wenn ich eigentlich ungerne Worte über Quartalszahlen verliere, da ich diese für eher wenig aussagekräftig halte: Im ersten Halbjahr 2012 wurden vielversprechende Ergebnisse erzielt. Es konnte ein Gewinn von 0,75 Mio. € erzielt werden und Beate Uhse ist damit zurück in der Gewinnzone. Die Segmente Versandhandel und Entertainment konnten ihre guten Ergebnisse halten, Einzel- und Großhandel konnten das Ergebnis stark verbessern.

Fazit

Es ist nicht so einfach, den Wert von Beate Uhse einzuschätzen. Und es ist vielleicht auch nicht absolut sicher, ob der Turnaround jetzt geschafft ist. Aber grundsätzlich gefällt mir Beate Uhse als europäischer Marktführer und starke Marke sehr gut.

Totgesagte leben länger: ich denke, die Chancen stehen gut, dass man mit Beate Uhse als profitablen und stabilen Unternehmen in den nächsten Jahren wieder rechnen kann.

Als Wermutstropfen bleibt, dass die Marktkapitalisierung mit derzeit 50 Mio. € schon wieder mehr als doppelt so hoch ist, wie vor etwa 6 Monaten. Schwer zu sagen, ob das noch günstige Einstiegskurse sind. Beate Uhse steht aber ab jetzt auf meiner Watchlist und ich werde das Unternehmen weiter beobachten.

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Kommentare [12]

  1. — David · 2. November 2012, 08:55 · #

    Hi Stefan,

    ich beobachte Beate Uhse auch schon seit Jahren. Und auf den ersten Blick auch ein ziemliches Trauerspiel. Ich war auch mal (2009 glaube ich) auf der HV in Flensburg. Kann ich nur empfehlen. Es gibt jeder Menge zu lachen. Aber man spürt deutlich die Unzufriedenheit und Frustration der Altaktionäre. Dazu kommen recht amüsante Auftritte von erzkonservativen Demonstraten gegen das Geschäftsmodel. Der eine oder andere Flitzer rante auch mal über die Bühne ;-)

    Interessant ist, dass Beate Uhse seit ein paar Jahren einen neuen CEO hat. Er hatte damals bei meiner HV seinen ersten Auftritt. Ich wusste damals nicht, was ich von ihm halten sollte, da er auch noch ziemlich jung wirkte. Aber er scheint seine Sache gute zu machen. Von befreundeten Mitarbeitern im Unternehmen weiß ich, dass er kein Stein auf dem anderen gelassen hat und das komplette Unternehmen neue strukturiert hat. Der Erfolg stellt sich natürlich nicht sofort ein. Aber wenn er ein guter Manager ist, dann hätte Beate Uhse mit ihm vielleicht viele schöne Jahre vor sich. Und das Trauerspiel hätte endlich ein Ende. Aber ich denke auch es ist noch zu früh um das zu beurteilen.

  2. — Martin · 2. November 2012, 11:29 · #

    Wenn sie die unprofitablen Läden nach und nach dicht machen, kann das ja was werden. Wusste gar nicht, dass Beate Uhse geographisch doch ein bisschen diversifiziert ist. Mit europäischer Marktführer bin ich mir nicht so sicher. Vielleicht ist das sogar Ebay oder Amazon mit ihren Marktplätzen.

    Im Onlinehandel käme als Smallcap auch die getgoods in Frage. KBV ist gering, also wenig Sicherheit, wenn es schief geht. KGV, wenn es so weiter geht mit dem Onlinehandel in Deutschland aber interessant. Sind aber auch nicht im Prime Standard und ihre neue Anleihe rentiert mit >9%, was auch ein gewisses Risiko impliziert. Der CEO hängt aber mit nachrangigen Krediten und einem großen Aktienpaket mit drin.

  3. — Roman · 2. November 2012, 15:52 · #

    Habe hier noch was gefunden:

    http://www.welt.de/wirtschaft/article110554757/Frauen-sind-die-neue-Zielgruppe-von-Beate-Uhse.html

  4. — Philipp · 2. November 2012, 15:59 · #

    Hallo!
    Warum ist die Watchlist eigentlich offline?
    Wäre es nicht möglich, dass du sie wieder online stellst?
    Vielleicht könnte man sie ja so erweitern, dass jeder Leser Links mit mehr Informationen über das jeweilige Unternehmen hinzufügen kann. Das wäre doch toll!

    MfG

  5. Michael C. Kissig · 2. November 2012, 16:13 · #

    … und eine Aktualisierung der Kurse des Musterdepots wäre auch nicht verkehrt. Zumindest die Dividendenzahlung von Microsoft sollte ja im September eingegangen sein?

  6. Stefan Mohr · 2. November 2012, 17:42 · #

    @Philipp:
    Eigentlich hat die “Aktienanalysen”-Seite die Watchlist ersetzt. Ich denke dass eine Verlinkung der zu einem Unternehmen erschienenen Artikel einfach den größten Mehrwert liefert. Aber die Watchlist ist auch weiterhin online, auch wenn sie nicht mehr verlinkt ist, falls du sie dir ansehen willst: simple-value-investing.de/watchlist

    Mit dem Ergänzen durch Leser schreit eigentlich nach einem Forum… Keine Ahnung ob ein weiteres Finanzforum so einen Mehrwert bringt…

    @Michael:
    Stimmt, das Musterdepot schreit mal wieder nach einer Aktualisierung… ich hoffe ich komm dieses Wochenende mal dazu.

  7. — krankenhaus · 14. November 2012, 00:23 · #

    Es gibt wohl seriöse soziologische Untersuchungen, die behaupten: Je mehr Sex im Fernsehen vokommt, desto weniger läuft überhaupt noch im Bett in einer Gesellschaft. Und die westlichen Gesellschaften werden auch immer älter… keine guten Wachstumsaussichten für Beate Uhse.

    @Stefan
    Ich hätte mal eine Frage zum Thema Werte, die im Bereich Value Investing durchaus eine wichtige Rolle spielen. Würdest du in alles investieren? Beate Uhse ist vielleicht etwas anrüchig, aber noch akzeptabel. Aber ich hätte so meine Schwierigkeit z.B. in einen Rüstungskonzern wie Rheinmetall zu investieren – auch, wenn die Panzer erstklassig sind!

    Grüße eines interessierten Lesers

  8. Stefan Mohr · 14. November 2012, 06:29 · #

    @krankenhaus:
    vielen Dank für deine Kommentare (auch in den beiden anderen Artikeln).

    Ob ich überall investieren würde ist tatsächlich eine interessante Frage. Bei Beate Uhse sehe ich da keine Probleme für mich.

    Bei einem Rüstungskonzern schon eher. Auf der einen Seite verändert man zwar nichts wenn man nicht ivestiert. Die Panzer werden trotzdem gebaut. Auf der anderen Seite will ich mich mit den Produkten meines Unternehmens auch irgendwo identifizieren können. Bei einem Rüstungsunternehmen hält sich das stark in Grenzen…

    Aber darüber mal einen Artikel zu schreiben steht eigentlich schon länger auf meiner todo-Liste :)

  9. — Martin · 14. November 2012, 12:11 · #

    Solange die Firmen sich an die Gesetze halten, habe ich keine Probleme in kontroverse Firmen zu investieren (Tabak, Süßigkeiten, Atomstromerzeuger, Alkohol, Glücksspiele, FastFood, Genfood, Massentierhaltung, etc.). Wenn eine transparente AG hier Mist baut, was wäre denn die Alternative? Eine verschwiegene Privatfirma wird dann auch eher nicht besser sein (da denke ich z.B. an Söldnervermietungsfirmen).
    Wenn Gesetze/Konventionen nicht eingehalten werden (Tretminen, Waffen an Diktatoren, Lügen über gesundheitliche Aspekte, etc.), sieht das anders aus.
    Warum sollten solche Fragen denn gerade im Value Investing eine Rolle spielen?
    Bin ja mal gespannt, was Stefan dazu schreibt.

  10. — krankenhaus · 15. November 2012, 19:10 · #

    Wer einen Diktator darstellt ist bekanntlich abhängig von der Perspektive. Und Tretminen sind von einem großen freiheitliche Land immer noch erlaubt.

    Ein bekannter Kaberettist sagt hierzu: Eine Rüstungsfirma sollte nicht nur Tretminen und Tretminenräumfahrzeuge vertreiben (Daimler), sondern konsequenterweise auch Protesen verkaufen. Da muss man als Systemanbieter auftreten.

    Im Schnitt macht es alle ein bis zwei Stunden “Tick” und ein Afgahne tritt auf eine Landmine. Dann könnte ein skrupeloser Value-Investor (? wie Martin ?) mit Onkel Buffett zusammen sagen:

    “Ich liebe diese Ticks!”

  11. — sebastian · 24. November 2012, 16:20 · #

    Ein weiteres Opfer von Internet und Chinaprodukten. Klar dass die Konkurrenz zunimmt und Umsätze und Margen fallen. Gut, dass wenigstens auf unsere holländischen Freunde Verlass ist. Ich würde dennoch eher gegen BU wetten. BU hat nicht das Schmuddelimage der sonstigen Branche. Das ist gut. Aber der Kataloghandel ist am versiechen und im online Handel sehe ich keine Markteintrittbarrieren, die BU schützen könnten. Wenn BU europäischer Marktführer ist, muss der Markt sehr fragmentiert sein. Ich hätte erwartet, dass mehrer Milliarden umgesetzt werden. Irgend jemand muss den Markt doch besetzen. Bei Amazon oder ebay kann ich mir solche Angebote schwer vorstellen. Ansonsten ist es eine reine turnaround Wette und als solche zu meiden. Wir glauben doch nicht an Wunder.

  12. — bb · 27. November 2012, 18:46 · #

    Ich bin bezüglich des Turnarounds auch skeptisch. Ich denke, dass jeder der Vertriebswege einen positiven Deckungsbeitrag erzielt. Legt man alle Fixkosten um, sieht es halt so aus, als wäre der eine profitabel, und der andere nicht.
    Einfach die “unprofitablen” Vertriebskanäle dicht zu machen kann also nicht die Lösung sein.

    Ansonsten. Das sie jetzt einen Gewinn gemacht haben, lässt sich wohl nicht bestreiten. Aber ob Sie wirklich jemals wieder hohe Margen erzielen können?

    Man müsste schauen, wieviel Prozent des Umsatzes mit Medien (DVD, Hefte, usw…) gemacht werden, und wieviele mit Kleidung und “Spielzeug”. Der Medienbereich ist wegen des Internets sicherlich tot. Der Rest könnte besser laufen.

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