
Um der kalten Jahreszeit entgegenzuwirken, wähle ich heute mal die Beate Uhse AG für den Friday Small Cap Check.
Pleitekandidat?
Beate Uhse wird wohl nahezu jeder kennen. Aber um die Aktie ist es erstaunlich still geworden. Und das nicht ohne Grund: Der Langfristchart sieht nach Pleitekandidat aus. Und die langfristigen Finanzkennzahlen auch. Hier mal eine Langfristübersicht für Umsatz, Jahresüberschuss und Eigenkapital (in Mio. €, stark gerundet):
2011 | 2010 | 2009 | 2008 | 2007 | 2006 | 2005 | 2004 | 2003 | 2002 | 2001 | 2000 | |
Umsatz | 149 | 198 | 231 | 253 | 268 | 271 | 285 | 278 | 266 | 245 | 223 | 164 |
Jahresüberschuss | -8 | -68 | 2 | 2 | -14 | 10 | 14 | 10 | 10 | 10 | 2 | 6 |
Eigenkapital | 26 | 34 | 100 | 95 | 66 | 85 | 84 | 73 | 68 | 65 | 60 | 64 |
Der Umsatz ist auf dem niedrigsten Stand seit mehr als 10 Jahren, von Gewinnen kann man nur träumen und die Eigenkapitalquote ist zum Geschäftsjahresende 2011 auf bedenkliche 27% gesunken.
Der ein oder andere fragt sich vielleicht, warum ich mir Beate Uhse jetzt ansehe, hatte ich nicht erst versprochen, mir nur noch interessante Aktien anzusehen? Richtig, aber Beate Uhse ist trotz allem nicht uninteressant wie wir sehen werden, denn in letzter Zeit hat sich einiges verändert.
kurzer Unternehmensüberblick
Beate Uhse ist in der Erotikbranche tätig. ach wirklich? Aber schauen wir mal genauer hin. Die 149 Mio. € Umsatz teilten sich 2011 auf folgende Sparten auf:
- Versandhandel (62,8 Mio. € Umsatz 2011)
- Einzelhandel (47,5 Mio. €)
- Großhandel (29,5 Mio. €)
- Entertainment (9,2 Mio. €)
Der Versandhandel ist also der größte Bereich, gefolgt vom Einzelhandel. Der Großhandel spielt eher eine kleine Rolle und der Entertainmentbereich (sprich Internet und Telefon-Entertainment, näher möchte ich jetzt nicht darauf eingehen) ist recht klein.
Neben der vor allem in Deutschland bekannten Marke Beate Uhse sind übrigens auch die Marken Pabo und Christine le Duc (vor allem Niederlande) sowie Adam & Eve (vor allem Frankreich) wichtige Konzernmarken.
Schaut man sich die Umsatzanteile nach Regionen an, sieht es folgendermaßen aus:
- Niederlande: 70 Mio. €
- Deutschland: 52 Mio. €
- Frankreich: 21 Mio. €
- übriges Europa: 25 Mio. €
Gründe für den Niedergang
Warum hat Beate Uhse nun eigentlich seit mehreren Jahren so große Probleme, warum gehen die Umsätze stark zurück und es werden Verluste eingefahren? Die Gründe dafür sind sicher vielschichtig, aber die Hauptgründe sind wohl:
1. wachsende Onlinekonkurrenz im Versandhandel
Während in Vor-Internetzeiten die Konkurrenz begrenzt war, machte es das Internet möglich, mit geringen Einstiegshürden im Handel mit Erotikartikeln mitzumischen. Verstärkt wurde dieser Trend sicher auch dadurch, dass das Netz aufgrund der Anonymität für den Einkauf von Erotikartikeln sicher von vielen Kunden stark bevorzugt wird.
2. Schwierigkeiten im DVD-Geschäft aufgrund massiver Onlinekonkurrenz
Wer – nennen wir es mal nicht jugendfreies Filmmaterial (ich rede nicht von Horrorfilmen u.ä.) – konsumieren wollte, tat das bis vor einem Jahrzehnt nahezu ausschließlich, indem er sich eine DVD kaufte. Ein sehr einträgliches Geschäft für Beate Uhse. Mit der zunehmenden Verbreitung des Internets gab es aber bald massenweise, vielfach auch kostenlose, Alternativen.
All das sind Entwicklungen, die man im Nachhinein als logisch ansieht. Aber es ist eben nicht so leicht, langfristige Trends zu erkennen und entsprechend zu handeln. Beate Uhse hat die Bedrohung für das Geschäft zu spät erkannt oder zumindest nicht rechtzeitig die notwendigen Schritte eingeleitet, um dem zu begegnen – und die Quittung dafür bekommen.
Warum ist die Aktie interessant?
So schlimm das alles aussieht, es gibt Grund zu der Annahme, dass sich die Lage bessern könnte
starke Marke
Beate Uhse (und auch die anderen Konzernmarken im Ausland) ist nach wie vor eine sehr bekante Marke. Mit der richtigen Strategie könnte sich daraus doch etwas machen lassen?
Konzentration auf Profitabilität statt Umsatz
In den letzten Jahren konzentriert sich Beate Uhse zunehmend auf Profitabilität. Unprofitable Bereiche werden zurechtgeschrumpft, schlecht laufende Einzelhandelsgeschäfte geschlossen.
Abbau der Verschuldung
Der Vorstand hat in den letzten Jahren die massive Verschuldung sehr stark reduziert.
2004: 74 Mio. € Nettofinanzverschuldung
2005: 65 Mio. €
2006: 94 Mio. €
2007: 74 Mio. €
2008: 43 Mio. €
2009: 47 Mio. €
2010: 48 Mio. €
2011: 38 Mio. €
Versandhandel und Entertainment fast durchgängig profitabel
Interessant ist es auch, wenn man sich die Ergebnisse der einzelnen Geschäftsbereiche mal einzeln anschaut. Dann fällt auf, dass Versandhandel und Entertainment nahezu durchgängig profitabel arbeiten (nur 2010 nicht, als hohe Abschreibungen anfielen). Mit einem weiteren Zurechtschrumpfen und Konzentration auf profitable Bereiche könnte das Ergebnis also durchaus in Zukunft verbessert werden.
gute Zahlen im H1 2012
Auch wenn ich eigentlich ungerne Worte über Quartalszahlen verliere, da ich diese für eher wenig aussagekräftig halte: Im ersten Halbjahr 2012 wurden vielversprechende Ergebnisse erzielt. Es konnte ein Gewinn von 0,75 Mio. € erzielt werden und Beate Uhse ist damit zurück in der Gewinnzone. Die Segmente Versandhandel und Entertainment konnten ihre guten Ergebnisse halten, Einzel- und Großhandel konnten das Ergebnis stark verbessern.
Fazit
Es ist nicht so einfach, den Wert von Beate Uhse einzuschätzen. Und es ist vielleicht auch nicht absolut sicher, ob der Turnaround jetzt geschafft ist. Aber grundsätzlich gefällt mir Beate Uhse als europäischer Marktführer und starke Marke sehr gut.
Totgesagte leben länger: ich denke, die Chancen stehen gut, dass man mit Beate Uhse als profitablen und stabilen Unternehmen in den nächsten Jahren wieder rechnen kann.
Als Wermutstropfen bleibt, dass die Marktkapitalisierung mit derzeit 50 Mio. € schon wieder mehr als doppelt so hoch ist, wie vor etwa 6 Monaten. Schwer zu sagen, ob das noch günstige Einstiegskurse sind. Beate Uhse steht aber ab jetzt auf meiner Watchlist und ich werde das Unternehmen weiter beobachten.
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