China-Aktien: Vtion Wireless Technology AG

6. September 2012 -   -  Stefan Mohr

Vtion Wireless Technology AG

In der nächsten Zeit werde ich mir nun einige chinesische Aktien, die an deutschen Börsen notiert sind ansehen. Heute gehts mit dem ersten Kandidaten los. Da der Wunsch danach bestand, fange ich heute mit der Vtion Wireless Technology AG an.

Kurzprofil

Homepage: vtion.de
Gründung: 2002
Börsengang: 2009
Marktkapitalisierung: 60 Mio. €

Vtion Wireless ist ein chinesischer Anbieter von Mobilfunk-Datenkarten und verwandten Dienstleistungen für die mobile Breitband-Computernutzung über Mobilfunknetze. Vtion bietet außerdem E-Reader, 3G-Router und Embedded-Module-Produkte über die Vertriebskanäle von Mobilfunknetzbetreibern sowie den Einzelhandel an. Eine Produktübersicht findet man hier

Ertragslage


in Mio. € 2011 2010 2009 2008 2007 2006
Umsatz 77,1 101,7 67,6 39,2 29,0 10,0
EBIT 7,9 29,2 18,9 12,6 9,2 2,5
Jahresüberschuss 5,3 22,0 16,6 12,4 2,1 9,2
Dividende 0,8 3,4 - - - -

Auffällig ist hier das rasante Wachstum bis 2010 mit saftigen Margen. Und dann der Absturz 2011. Das lag daran, dass die chinesischen Mobilfunkbetreiber zum einen die Einkaufspreise senkten, zum anderen ihren Fokus mehr von Mobilfunk-Datenkarten (die in Notebooks eingesetzt werden) auf Internetnutzung per Smartphone und Tablet-PC richteten. Dadurch gingen Margen und Umsätze zurück. Etwas sehr positives an der Sache übrigens: diese Entwicklung wurde bereits im Geschäftsbericht 2010 angekündigt, sobald der Sachverhalt bekannt war.

Meine treffsichere Prognose für die Zukunft: die Margen und Umsätz werden sich entweder verbessern oder verschlechtern. Mit einer sehr geringen Wahrscheinlichkeit könnten sie aber auch genau gleich bleiben. Damit will ich sagen: Vtion Wireless ist in einem sich rasant veränderndem Markt tätig. Sinnvolle Prognosen über die zukünftige Ertragskraft, insbesondere über Jahrzehnte, wie sie für eine sinnvolle Einschätzung des Unternehmenswertes nötig sind, sind nahezu ausgeschlossen.

Immerhin ist Vtion aber profitabel. Auch nach der deutlichen Verschlechterung der Situation. Den verschlechterten Aussichten für die Vermarktung von Mobilfunk-Datenkarten wird mit der vermehrten Entwicklung und Vermarktung anderer Produkte begegnet. Beispielsweise wird seit Anfang 2012 ein Tablet PC verkauft. Seit 2010 wird auch eine Dividende gezahlt. Derzeit ist geplant, jedes Jahr mindestens 15% des Jahresüberschusses als Dividende auszuzahlen.

Vermögenslage


(2011 in Mio. €)
Aktiva
Vorräte 2,4
Forderungen aus Lieferungen und Leistungen 22,7
sonstige Forderungen 6,1
Liquide Mittel 124,5
Passiva
Eigenkapital 139,0
Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen 13,9
sonstige Verbindlichkeiten und Rückstellungen 5,9

Eines fällt bei der Bilanz natürlich sofort auf: die riesige Menge an liquiden Mitteln. Was man bei der Bewertung liquider Mittel beachten sollte, habe ich vor kurzem in einem Artikel versucht zu beleuchten.

Die Frage ist, werden diese zum Wohl der Aktionäre verwendet, oder werden sie verschwendet? Eine Sonderausschüttung wäre eine Möglichkeit. Dies ist jedoch nicht geplant. Stattdessen will der Vorstand einen Teil davon über Aktienrückkäufe an die Aktionäre zurückgeben, da dies steuergünstiger ist. Der Großteil soll jedoch für organisches Wachstum verwendet werden.

Etwas gutes haben die Aktienrückkäufe auch: der Vorstandsvorsitzende Chen Guoping ist selbst zu fast 50% an Vtion Wireless beteiligt. Er würde wohl kaum Aktien zurückkaufen, wenn er Vtion für überbewertet halten würde.

Anfang 2012 wurden bereits 10% des Grundkapitals zurückgekauft und eingezogen. Derzeit startet ein neues Rückkaufprogramm.

Bewertung

Versuchen wir uns nun an einer Bewertung von Vtion Wireless. Ich würde hier keine großartige Bewertung der Ertragskraft wagen, diese ist bei Vtion einfach zu unsicher. Natürlich könnten wir Schätzungen für die nächsten 1-2 Jahre wagen, vielleicht würden wir damit sogar einigermaßen richtig liegen, aber das würde uns bei der Bewertung nicht wirklich weiterbringen.

Stattdessen würde ich vor allem auf den Net Current Asset Value (kurzfristige Vermögenswerte abzüglich aller Schulden) schauen. Dieser beträgt knapp 138 Mio. €. Selbst wenn wir nur sämtliche liquide Mittel betrachten und davon alle Schulden abziehen, bleiben 96 Mio. € (jeweils Stand 30.06.2012).

Wenn wir Vtion Wireless kaufen, kaufen wir also hauptsächlich die liquiden Mittel in der Hoffnung, dass diese sinnvoll eingesetzt werden. Die derzeitige Ertragskraft von Vtion ist gewissermaßen ein Bonus, dessen zukünftige Entwicklung man schwer einschätzen kann.

Was sollte man für Vtion zahlen? Wohl würde ich mich nur fühlen, wenn ich weniger als den NCAV zahlen würde. Und zwar deutlich weniger, beispielsweise die Hälfte. Auch dann würde ich in Vtion aber keinen großen Anteil meines Depots investieren. Die zukünftige Entwicklung ist dafür einfach zu schwer vorhersehbar.

ist die Bilanz gefälscht?

Ob Vtion Wireless überhaupt existiert und ob die Bilanz des Unternehmens überhaupt echt ist, diese Frage habe ich bis hierhin ausgeklammert. Ganz sicher kann man sich da natürlich nie sein (auch nicht bei deutschen Unternehmen). Aber ein paar Dinge sehe ich hier zumindest, die dafür sprechen:

  • das Aktienrückkaufprogramm
  • der Vorstandsvorsitzende hält noch immer die Aktienmehrheit
  • das Tablet (V7) welches Vtion produziert, ist tatsächlich erhältlich
  • es sieht nicht so aus, dass in Zukunft weitere Kapitalerhöhungen geplant sind. Also kein Grund, die “Fassade” aufrecht zu erhalten, wenn etwas nicht mir rechten Dingen zugeht

Fazit

Die Vtion Wireless Technology AG ist äußerst interessant. Die zukünftige Entwicklung ist ungewiss, aber man kann Vtion derzeit deutlich unter Net Cash kaufen. Das ist keine Garantie für ein langfristig gutes Investment, aber zumindest hat man eine große Margin of Safety. Einen kleineren Teil seines Vermögens könnte man hier meiner Meinung nach durchaus investieren.

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Kommentare [8]

  1. — Micha · 7. September 2012, 09:10 · #

    Hallo Stefan,

    Danke für die Zusammenfassung zur Vtion AG und noch Glückwunsch nachträglich zum Einjährigen.

  2. Till · 9. September 2012, 11:48 · #

    Das Problem von Vtion ist, dass ein grosser Teil des Cash nicht innerhalb Deutschlands ausgeschüttet werden kann.

    Ich kenne die Rechtslage nicht ganz genau, habe mich aber mit Vtion aus den gleichen Gründen wie du auch schon mal auseinander gesetzt. Man kauft den Euro für 50 Cent und mit Euro ist hier tatsächlich Cash Euro gemeint.

    Leider bleibt der Cash Euro immer im Unternehmen und wenn man nicht gerade das ganze Unternehmen kauft und in China gute Investmentmöglichkeiten hat bringen einem die vielen schönen Euros nichts. Auf eine Sonderdividende kannst du also nach meinem Wissen nicht hoffen, nicht mal mit Aktienmehrheit.

    Gruss
    Till

  3. Stefan Mohr · 9. September 2012, 12:54 · #

    @Till

    Also erstmal: herzlichen Dank, das war der 500. Kommentar!

    Zu Vtion: Das mit der Dividende sollte man sich tatsächlich nochmal genauer ansehen. Was passiert, wenn Dividenden vom chinesischen operativen Unternehmen an die deutsche Holding ausgeschüttet werden? (Von wo sie dann an die Aktionäre ausgeschüttet werden können).

    Ich meine gelesen zu haben, dass dafür eine formale Genehmigung von den Behörden erforderlich ist (die aber in der Regel erteilt wird). Außerdem ist eine kleine Steuer fällig (waren es 10%?). Bitte beachten dass ich meine gelesen zu haben eine sehr vage Aussage ist, das wäre mal genauer zu prüfen.

    Außerdem werden in Deutschland nochmal 5% der Dividende regulär versteuert, was dann effektiv einer vernachlässigen Steuerbelastung von ~1% entsprechen dürfte.

    Unabhängig davon sollte aber eines klar sein: derzeit ist geplant, den Cash folgendermaßen zu verwenden:
    a) Aktienrückkäufe
    b) Erweiterung des Geschäftes

    Man ist also davon abhängig, dass Vtion die Cashbestände sinnvoll investiert und das Geschäft gut läuft. Man hat eine gute Margin of Safety, da man recht wenig für Vtion bezahlt. Aber aus einem Euro 50 Cent oder weniger zu machen, ist kein Ding der Unmöglichkeit für ein Unternehmen…

  4. — Martin · 9. September 2012, 16:03 · #

    Aktienrückkäufe sind doch dann ein gutes Mittel anstelle von Dividenden.
    Ich habe folgendes in dem Joyou-Geschäftsbericht von 2011 gelesen:

    “Gemäß gegenwärtigen Richtlinien der VRC ist die Zahlung von Dividenden nur aus gemäß chinesischen Rechnungslegungsstandards und -vorschriften ermittelten kumulierten
    Gewinnen möglich. Zudem muss eine Tochtergesellschaft der Gesellschaft, wenn es sich gemäß dem Recht der VRC um ein Unternehmen mit ausländischer Beteiligung handelt, zur Bildung der gesetzlichen Rückstellung jedes Jahr mindestens 10 % ihrer Gewinne nach Steuern in die Rückstellungen einstellen, bis solche Rückstellungen zusammen mindestens 50 % des Grundkapitals ausmachen. Des Weiteren könnte von Unternehmen mit ausländischer Beteiligung verlangt werden, dass sie einen Teil ihrer Gewinne nach Steuern in Rückstellungen einstellen, um einen Sozialplan für Arbeitnehmer zu finanzieren, und zwar in einer Höhe, die im Ermessen des Vorstands der Tochtergesellschaft liegt. Diese Rückstellungen sind nicht als
    Bardividenden ausschüttbar.

    Gemäß den Devisenvorschriften und -bestimmungen der  VRC können Zahlungen von Kontokorrentkonten, einschließlich
    Gewinnausschüttungen und betrieblicher Aufwendungen ohne vorherige Genehmigung in Fremdwährungen erfolgen, unterliegen jedoch bestimmten Verfahrensbestimmungen.
    Strenge Devisenkontrollen finden weiterhin auf Kapitalkontotransaktionen Anwendung. Diese Transaktionen müssen
    von der State Administration of oreign Exchange („SAFE“, Devisenaufsichtsbehörde) oder ihren örtlichen Vertretungen genehmigt bzw. dort eingetragen werden, und die Rückzahlung der Hauptsumme des Darlehens, die Ausschüttung der Rendite
    aus direkten Kapitalanlagen und Anlagen in begebbare Instrumente unterliegen ebenfalls Beschränkungen.”

  5. — Alex · 12. September 2012, 11:26 · #

    Wenn andere Firmen aus China es schaffen Umsatz, Gewinn, Buchwert, Immobilien usw. zu fälschen … wieso sollte es nicht möglich sein ein Aktienrückkauf zu fälschen …

    bzw… erst ein Rückkauf zu tätigen der Kurs und Vertrauen steigen lässt und erst dann das Kartenhaus zusammenfallen zu lassen?

  6. Stefan Mohr · 12. September 2012, 12:36 · #

    @Alex:
    natürlich, möglich ist das. Absolute Sicherheit hat man nicht. Aber das ist nicht nur bei China-Aktien so, sondern allgemein.

  7. — Alex · 12. September 2012, 14:35 · #

    Klar hat man nirgends absolute Sicherheit … aber wenn man sich Microsoft oder Cola kauft, gibt es nicht erst mal Rätselraten ob es die Firma überhaupt gitb… den Wert einer Fata Morgana zu bestimmen ist schwierig

    Außerdem ist die Wahrscheinlichkeit auf Betrug bei China-Aktien größer, dass gibts du sicher auch zu… einfach schon die äußeren Umstände machen Betrug in Europa oder Amerika unwarscheinlicher (SEC …)

  8. Stefan Mohr · 12. September 2012, 17:00 · #

    @Alex
    Du hast völlig recht, dem ist nichts hinzuzufügen. Vtion Wireless ist definitiv ein Investment der riskanteren Sorte. Übrigens auch völlig unabhängig davon, ob nun Betrug im Spiel ist oder nicht.

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