Aktienanalyse: A.S. Création Tapeten AG

5. September 2011 -   -  Stefan Mohr

Aktienanalyse

Die A.S. Création Tapeten AG ist der größte Tapetenhersteller innerhalb der Europäischen Union. Neben Tapeten werden auch Dekorationsstroffe hergestellt, welche aber nur einen geringen Anteil am Gesamtumsatz ausmachen (2010 ca. 6,5%).

Gewinn- und Verlustrechnung

Was mir an A.S. Création gut gefällt, ist die Stabilität und Prognostizierbarkeit. Eine Eigenschaft, die eine Unternehmensbewertung sehr vereinfacht oder gar erst ermöglicht. Schauen wir uns mal die Entwicklung von Umsatz und Gewinn seit 1997 an.

Die Umsätze von A.S. Création entwickeln sich sehr konstant. Seit 1999 wurden sie etwa verdoppelt, was einer Steigerung von rund 5,5% p.a. entspricht. Die Gewinne schwanken natürlich naturgemäß mehr. Auch ist die Messung der Gewinne schwieriger, die Zahlen des Jahresabschlusses sind immer nur eine Interpretation der Wirklichkeit. Trotzdem weisen die Gewinne eine gewisse Konstanz auf. Jeder könnte wohl mit einer hohen Wahrscheinlichkeit die Gewinne für 2011 und 2012 mit einer Abweichung von sagen wir +-20% vorhersagen. Eine größere Genauigkeit würde ich mir nicht zutrauen, diese ist auch für eine ungefähre Bewertung nicht unbedingt erfoderlich.

Interessant ist auch die Entwicklung der Gewinnmargen von A.S. Création Tapeten, also der Jahresüberschuss geteilt durch den Umsatz. Diese schwanken, bis auf eine Ausnahme, zwischen 4% und knapp über 6%. Ich denke, wenn man für die Zukunft von einem langfristigen Durchschnitt von rund 5% ausgeht, dürfte man keinen allzu großen Fehler machen.

Bilanz

Schauen wir uns als nächstes die Bilanz von A.S. Création etwas genauer an. Die Aktivseite bzw. die Vermögenswerte bestehen im Wesentlichen aus Sachanlagen, Vorräten und Forderungen aus Lieferungen und Leistungen. Bei den Sachanlagen ist zu beachten, dass 1997 und 1998 noch nach HGB bilanziert wurde. Vermögenswerte aus Finanzierungsleasing sind erst seit 1999 mit der Bilanzierung nach IFRS aktiviert, somit sind die Zahlen nicht vergleichbar (Genaugenommen wurde erst ab 2000 nach IFRS bilanziert, aber im Zuge dessen die 1999er Zahlen ebenfalls zur Vergleichbarkeit nachträglich an die IFRS-Regelungen angepasst. Die Zahlen meiner Tabelle sind ab 1999 nach IFRS).

Interessant ist, dass der Bilanzwert der Sachanlagen trotz Verdopplung der Umsätze nur wenig gestiegen ist (wenn man die HGB-Zahlen vor 1999 ignoriert). Auch wenn man sich den Anschaffungswert ansieht, ist der Effekt erkennbar, auch wenn der gesamte Anschaffungswert der Sachanlagen stärker gestiegen ist, die Anlagen also heute im Durchschnitt stärker abgeschrieben sind, als um die Jahrtausendwende. Was sagt uns das? Erstmal ist das natürlich schön, wenn mit fast unveränderten Sachanlagen deutlich mehr Umsätze erwirtschaftet werden. Oder waren vor 10 Jahren mehr Sachanlagen da als benötigt, und jetzt arbeitet man an der Kapazitätsgrenze und wird bald größere Investitionen tätigen müssen? Das wäre eine interessante Frage, mit der ich mich mal genauer beschäftigen sollte, im Moment kann ich darauf aber auch keine Antwort geben.

Das Vorratsvermögen dagegen hat sich überproportional vergrößert, resultierend in einer fallenden Umschlagshäufigkeit der Vorräte, die von rund 7 um die Jahrtausendwende auf etwa 4,5 heute abgenommen hat. Das ist auf alle Fälle nicht gut, da hier mehr Kapital als früher gebunden wird. Auffallend ist aber, dass die Umschlagshäufigkeit bis 2003 abgenommen hat, dann bis 2007 auf gleichem Niveau geblieben ist und 2008 nochmals abgesackt ist. Meine Interpretation für die Verringerung ab 2008 ist, dass die Umsätze von A.S. Création mit der Finanzkrise insbesondere durch Umsatzeinbußen in Osteuropa gefallen sind. Nur durch Übernahme von zwei Tapetengroßhändlern in Frankreich, die natürlich auch Vorräte mitbrachten, wurden die Umsätze gehalten. Bleibt also abzuwarten, ob die Vorräte in den Folgejahren bei steigenden Umsätzen nicht oder unterproportional zunehmen, so dass Umschlagshäufigkeiten zwischen 5 und 6 wieder erreicht werden. Für den Rückgang bis 2003 habe ich allerdings auch keine Erklärung.

Ähnliches gilt auch für die Forderungen aus Lieferungen und Leistungen, welche überproportional gestiegen sind. Entsprechend ist die Debitorenlaufzeit, also die durchschnittliche Zeit, nach der Kunden ihre Rechnungen bezahlen, von knapp 50 Tagen um die Jahrtausendwende auf ca. 70 Tage heute gestiegen. Der größte Sprung nach oben ist hier 2008 zu verzeichnen, die Kunden lassen sich seit der Finanzkrise also deutlich mehr Zeit zum Bezahlen der Rechnungen. Auch das wird sich hoffentlich wieder bessern, damit weniger Kapital gebunden ist.

Schauen wir nun auf die Passivseite der Bilanz. Die Eigenkapitalquote von A.S. Création kann man mit mehr als 50% als sehr solide bezeichnen. Die Finanzverschludung ist stetig zurückgegangen, ist dann 2008 mit Übernahme von zwei französischen Tapetengroßhändlern wieder angestiegen und wurde seitdem wieder abgebaut. Der Verschuldungsgrad (Nettofinanzverschuldung / Eigenkapital) ging von mehr als 50% um die Jahrtausendwende auf unter 30% 2010 zurück. Schauen wir uns jetzt die Rentabilität an. Die Eigenkapitalrendite schwankt um einen Mittelwert von rund 12%. Seit 2008 bewegt sie sich eher im unteren Bereich der Bandbreite von knapp unter 10% bis über 16%, welche im betrachteten Zeitraum aufgetreten sind (sieht man mal von 1997 ab). Werden die etwas niedrigeren Eigenkapitalrenditen der letzten Jahre jetzt für immer so bleiben? Wer weiß, aber ich sehe jetzt erstmal keinen Grund, der dafür spricht.

Bewertung

Was schließen wir daraus jetzt für die Bewertung der A.S. Création-Aktie? Ich würde mal behaupten, dass die Eigenkapitalrendite des Unternehmens im langjährigen Durchschnitt von rund 12% einen guten Wert darstellt, das Unternehmen also mindestens so viel wert ist wie das Eigenkapital. Seien wir mal sehr konservativ und nehmen nur das Eigenkapital ohne Firmenwerte (Goodwill):

Konservative Schätzung: 81 Mio. €

Nun sind wir mal etwas mutiger. Nehmen wir mal an, A.S. Creation erreicht in Zukunft einen unveränderten Umsatz von 185 Mio. € und eine Gewinnmarge von o.g. 5%, also gut 9 Mio. €. Oder man nimmt die durchschnittliche Eigenkapitalrendite von etwa 12% und multipliziert diese mit dem aktuellen Eigenkapital. Das ergäbe einen Gewinn von 10,5 Mio €. Ich denke irgendein Wert dazwischen ist für das nächste Jahrzehnt, wenn man kein Wachstum annimmt, im Durchschnitt durchaus realistisch.
Um damit jetzt den Unternehmenswert zu bestimmen, müssen wir uns überlegen, welche Verzinsung für unser eingesetztes Kapital fair ist. Darüber kann man sich sicher streiten, Fakt ist, dass man mehr verlangen sollte, als langlaufende Staatsanleihen abwerfen. Insbesondere in Zeiten wie diesen, wo diese nur Vorsteuerrenditen knapp über der Inflationsrate abwerfen. Ich nehme an dieser Stelle mal einen Zinssatz von 8%. Teilt man nun den erwarteten Unternehmensgewinn durch diese 8%, erhält man den Unternehmenswert. Man erhält damit eine Schätzung, die denke ich weder zu konservativ noch zu optimistisch ist, nennen wir sie mal moderate Schätzung.

moderate Schätzung: 112 – 131 Mio. €

Aber: ist das Unternehmen nicht in der Vergangenheit gewachsen und kann man das nicht auch für die Zukunft erwarten? Rechnen wir nicht noch viel zu konservativ? Dabei muss man bedenken, dass der gesamte Gewinn eben NICHT als Dividende an die Aktionäre ausgeschüttet wird, sondern zum Teil zur Finanzierung des Wachstums einbehalten werden muss! Bringen diese einbehaltetenen Gewinne einen Mehrwert? Teilweise ja, teilweise nein und teilweise vernichten sie sogar Wert! Werden Gewinne nicht voll ausgezahlt sondern zur Finanzierung von Wachstum einbehalten, dann erhöhen sie dann den Unternehmenswert, wenn die Rendite auf das einbehaltene Kapital die Kapitalkosten übersteigt. Meine persönlichen Kapitalkosten, also der Unternehmensgewinn, den ich mir auf mein Investment erhoffe hatte ich mit 8% angenommen. Die Eigenkapitalrendite von A.S. Creation beträgt rund 12%. Eine höhere Rendite auf das einbehaltene Kapital zu erwarten wäre wohl unrealistisch. Vom Unternehmensgewinn wurden relativ konstant etwa 45% ausgezahlt und 55% einbehalten. Diese 55% können also zu 12% angelegt werden, was den Unternehmenswert noch etwas erhöht. Den Effekt sollte man bei einer Eigenkapitalrendite von 12% aber nicht überbewerten. Bei Eigenkapitalrenditen jenseits der 20% lohnt es sich mal die Cashflows über die Jahre zu diskontieren, um so den Mehrwert des Wachstums abzuschätzen. Hier werde ich es aber dabei belassen. Hier findet ihr einen detaillierteren Artikel zum Thema, .

Übrigens: Mein erwarteter Zinssatz, also meine persönliche Mindestgewinnrendite, ist bei Unternehmen, deren Unternehmenswert durch das potentielle Wachstum wenig beeinflusst wird, wie in diesem Fall, der Kehrwert des Kurs-Gewinn-Verhältnisses, welches ich zahlen sollte. 1/0,08 = 12,5. Ein KGV von 12,5 wäre unter den hier getroffenen Annahmen also “fair”. Hat man dieses Konzept verstanden, kann man sich viel Rumrechnerei sparen. Ein KGV von 20 entspricht 5% Rendite, 15 entspricht 6,67%, 10 entspricht 10%, 5 entspricht 20%… Aber bitte: das KGV niemals mit dem Gewinn des letzten Jahres berechnen! Stattdessen empfehle ich eine etwas tiefergehende Analyse, um die Berechnung mit einem kurzfristig außergewöhnlich hohen oder niedrigem Gewinn zu vermeiden.

Marktpreis

Mit einer Aktienzahl von 2,756 Mio und einem Kurs von 25,65€ ergibt sich ein Marktwert von rund 71 Mio. €. Das liegt 46% unter dem oberen Ende unserer moderaten Schätzung und immer noch 9% unter unserer konservativen Schätzung, also dem Buchwert ohne Firmenwerte. Wir haben hier also ein stabiles Unternehmen zu einem günstigen Preis. Obwohl ich den Preis nicht für ein absolutes Schnäppchen halte, würde ich hier durchaus zu einem kleineren Investment raten, es sei denn, man hat andere, bessere Möglichkeiten.

Update:
Kurssturz Ende 2011
Artikel zum Geschäftsbericht 2011
Artikel zum Geschäftsbericht 2012

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