Über die Schulter geschaut: Analyse der Puma SE (Teil 1)

16. January 2012 -  ,  -  Stefan Mohr

Eine Idee die ich schon länger mal hatte ist, einmal eine Aktie zu analysieren und dabei genau zu protokollieren, was ich tue. Ihr dürft mir also gewissermaßen mal dabei über die Schulter, wie ich eine Aktie analysiere. In der Regel beeinhaltet ein Artikel über eine Aktie ja nur die wesentlichen Fakten und Schlussfolgerungen. Wie man dahin kam, bleibt für den Leser unklar. Deshalb werde ich dieses mal einfach die zeitliche Abfolge protokollieren, was ich bei einer Analyse tue und welche Gedanken mir in den Kopf kommen. Ihr könnt das Ganze erstmal als Experiment auffassen. Bringt euch diese Art von Artikel etwas, soll ich so etwas mal wiederholen? Oder bevorzugt ihr die Fakten und Schlussfolgerungen einfach zusammengefasst?

Gut, also los gehts. Welches Unternehmen wähle ich aus? Ich nehme mal die Puma SE. Erstens, weil ich denke, dass Puma ein recht einfaches Geschäftsmodell hat, und ich schonmal gesehen habe, dass die Gewinne halbwegs stabil sind. Puma könnte sich also dazu eignen, von mir einigermaßen sinnvoll bewertet zu werden. Zweitens aber auch, weil ich mich noch nie mit Puma beschäftigt habe. Ich weiß bisher also genauso viel oder weniger als ihr.

Der erste Eindruck: ein paar allgemeine Daten und Fakten

Gut, Puma solls also sein. Die stellen Sportartikel her, das weiß ich schon. Das Unternehmen gibts auch schon recht lange, (das ist schonmal positiv), ich glaube relativ kurz nach dem 2. Weltkrieg gegründet, und wurde vom Bruder von Adolf Dassler, dem Gründer von Adidas, gegründet. Ich glaube, nach Nike und Adidas ist Puma der größte Sportartikelhersteller, aber ganz sicher bin ich mir nicht, ob das stimmt.

Das wars eigentlich schon was ich über Puma weiß. Also mal schnell ein paar erste Infos beschaffen. Auf consors.de also mal Puma in die Suchmaske eingegeben und auf der Puma-Übersicht auf Profil geklickt. Puma betreibt also auch eigene Filialen steht dort. Der Luxusgüterkonzern Pinault-Printemps-Redoute (PPR) ist Hauptaktionär. Unter “Anteilseigner” steht allerdings, dass SAPARDIS S.A. mehr als 75% der Anteile besitzt. Na mal sehen, ein Blick in den Geschäftsbericht wird das Rätsel dann sicher lösen. Puma unterteilt seine Produkte in die Segmente Schuhe, Textilien und Accessoires, das steht dort auch noch.

Jetzt mal schnell bei den Finanzkennzahlen geschaut. Um die 15€ Gewinn pro Akie waren es 2010 und 2011, 2009 nur 8,50. Der Kurs steht grad bei knapp 229€, Puma wird also ca. zum 15-fachen des Gewinns 2010 und 2011 gehandelt. Sieht auf den ersten Blick weder teuer noch billig aus, aber gut, das kann täuschen. Der Buchwert pro Aktie lag 2010 bei gut 90€ je Aktie. Also wird Puma deutlich über Buchwert (so 2,5-facher) gehandelt. Logisch, denn die Eigenkapitalrendite (15/90 = etwas über 15%) ist recht hoch, wenn auch nicht utopisch hoch.

An dieser Stelle eine Anmerkung: ich benutze bei der Bewertung eines Unternehmens eher selten einen Taschenrechner. Ob das KGV nun 15,7234 oder “irgendwas zwischen 15 und 16” beträgt, ist meines erachtens egal. Erstens, weil die in der GuV ausgewiesenen Gewinne nur eine mögliche Interpretation der Realität sind, zweitens, weil es eigentlich auf die Gewinne der Zukunft ankommt, wie viel ein Unternehmen wert ist. Unter günstigen Vorraussetzungen können die Gewinne der Vergangenheit gute Hinweise auf die Zukunft liefern. Aber mal ehrlich, kommt es dabei auf die letzten Stellen hinterm Komma an?

So, mal schnell ein Blick auf den Chart. Ich weiß, man sollt sich bei der Unternehmensbewertung nicht vom Chart beeinflussen lassen. Aber sind wir nicht alle ein bisschen neugierig? Der 10-Jahres-Chart zeigt einen grandiosen Anstieg von 2002 bis 2007. 2008, wie nicht anders zu erwarten, gings dann stark bergab, dann wieder bergauf und dann seitwärts. Ist jetzt nicht sehr überraschend, aber der steile Anstieg bis 2007 sieht interessant aus. Welche wirtschaftlichen Realitäten verbergen sich dahinter?

erster Blick auf längerfristige Fundamentaldaten

Dazu verlasse ich Consors.de und schaue bei der Börse Frankfurt die Fundamentaldaten an. Hier findet man bis 1993 zurückreichend viele Fundamentaldaten von Puma. Hier sieht man auch schnell den Grund für den oben erwähnten steilen Kursanstieg: Umsätze und Gewinne wurden in der Vergangenheit stark gesteigert. Ist das eine nachhaltige Entwicklung? Naja, die Umsätze scheinen mir recht kontinuierlich zu steigen. Ob man das Wachstum in die Zukunft fortschreiben kann, weiß ich nicht, aber dass die Umsätze demnächst ins bodenlose fallen, glaube ich fast nicht. Was mir sonst noch so aufällt:

  • Der Jahresüberschuss 2010 im Verhältnis zum Umsatz liegt auf einem eher unterdurchschnittlichen Niveau. Da waren schonmal deutlich mehr drin. Aber auch schonmal deutlich weniger, z.B. 1998 – 2001. Was wird in Zukunft so der Schnitt sein? das wäre wichtig für die Bewertung
  • Die Eigenkapitalrendite liegt derzeit auf einem historisch deutlich unterdurchschnittlichem Niveau. Teilweise scheint das mit der etwas unterdurchschnittlichen Umsatzrendite zusammenzuhängen, aber auch mit dem Kapitalumschlag (Verhältnis aus Bilanzsumme und Umsatz)
  • Im Vergleich zu anderen Unternehmen weist Puma aber sehr hohe Eigenkapitalrenditen auf, und zwar fast durchgehend. Puma scheint wohl einen deutlichen Wettbewerbsvorteil im Bereich Sportartikel zu haben. Den Konkurrenten Adidas und Nike geht das zwar ähnlich, aber es scheint so, dass alle 3 ihre hohen Eigenkapitalrenditen verteidigen können
  • Verhältnismäßig wenig vom Jahresüberschuss wird als Dividende ausgeschüttet (so 10-20%), aber das gezeichnete Kapital sinkt seit 2006, was auf Aktienrückkäufe hindeutet

weitere allgemeine Fakten

So, nun nochmal ein weiterer Schritt zum ersten Überblick: Der Wikipedia-Artikel über Puma!

  • Neben Adidas und Nike scheint Puma wirklich der weltweit größte Sportartikelhersteller zu sein.
  • Der Vorstandsvorsitzende Jochen Zeitz hat diesen Posten schon seit 1993 inne. Sehr gut, Veränderung ist der Feind jeder Unternehmensbewertung!
  • Der Gründer von Puma hieß mit Vorname Rudolf, gegründet wurde 1948
  • Mitte der 90er Jahre geriet das Unternehmen in eine Krise. Es erfolgte eine Neuausrichtung, Puma setzte konsequent immer mehr auch auf Lifestyle-Produkte, statt nur Sportartikel
  • Die Eigentümerstruktur ist weiterhin unklar. Erst heißt es 75% Streubesitz, dann hat die PPR die Mehrheit der Aktien. Na wie auch immer, im Geschäftsbericht wirds wohl genauer stehen

so gehts weiter

Na gut, belassen wirs dabei. Das war der erste Schritt, den ich bei der Bewertung einer Aktie eigentlich immer so oder so ähnlich gehe. Man ist danach nicht in der Lage, das Unternehmen wirklich zu bewerten, aber man hat ein paar erste Informationen. In der Mehrzahl der Fälle reichen mir diese Informationen bereits aus, die weitere Analyse abzubrechen. Zum Beispiel, weil das Unternehmen in einer Branche agiert, die ich generell nicht verstehe, in der Vergangenheit sehr oft keine Gewinne gemacht wurden, eine sehr hohe Verschuldung besteht oder ähnliches.

Als nächstes werde ich mich mit der wichtigsten Quelle für eine Unternehmensbewertung auseinandersetzen: dem Geschäftsbericht. Dadurch, dass ich jetzt beireits ein paar erste Informationen auch über die längerfristige Entwicklung habe, kann ich die Informationen des aktuellen Geschäftsberichtes etwas besser einordnen. Das ist auch der Grund, warum ich nicht sofort mit dem Geschäftsbericht anfange. Bisher habe ich geschätzt 10-15 min gebraucht (+noch einige Zeit zum protokollieren und schreiben des Artikels). Das Lesen des Geschäftsberichtes wird dann beireits deutlich länger dauern.

Hier gehts zum zweiten Teil der Puma-Analyse

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Kommentare [6]

  1. Mario · 17. January 2012, 17:18 · #

    Nette Idee mit dem Hintergrund statt nur Ergebnisse :-) Bis Ende Teil 1 gehe ich im Grunde ziemlich ähnlich vor. Der Link zur Börse Frankfurt ist aber hilfreich, da ich bisher häufig Probleme hatte Zeitreihen zu finden, die länger als 5 Jahre zurückgehen. Habe mir die dann teilweise aus den alten Geschäftsberichten selber gebaut, aber da ist der Link doch wesentlich bequemer!

  2. — Bolitho · 18. January 2012, 07:36 · #

    Hi, finde das Experiment soweit sehr gelungen. Bin gespannt auf Teil 2. Komme eher aus der quantitativen Ecke und kann so viele neue Erkenntnisse gewinnen. Danke. Gruß, Bolitho

  3. — Vorname · 18. January 2012, 21:01 · #

    Hallo,

    ich fand den Artikel sehr interessant und freue mich schon auf den nächsten Teil :-)
    Den Link mit der Frankfurter Börse für historische Kennzahlen kannte ich auch noch nicht. DANKE!

  4. — Thomas · 4. February 2012, 17:19 · #

    Hallo,

    wirklich ein gelungener Artikel.
    Börse Frankfurt liefert mir zu Puma nur Daten bis 1999. Was mache ich falsch?

    Gruß Thomas

  5. Investment-Analyse · 9. February 2012, 17:07 · #

    Thomas:
    ich sehe komischerweise auch nur noch die Daten ab 1999. Vermutlich wurde vor kurzem was geändert.

  6. Ulrich · 12. June 2012, 23:27 · #

    Hab mir Puma auch mal angesehen. Glaube das größte Potential gibt es durch die komplette Übernahme durch diese Französische Holding. Die Zahlen haben mich überhaupt nicht überzeugt.

    Gruß Ulrich

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