
Letzte Woche hatte ich eine Artikelserie zur Untersuchung der Gewinnstabilität von Unternehmen angekündigt. Heute folgt nun der erste Teil der Auswertung. Und zwar habe ich untersucht, wie wahrscheinlich es ist, dass sich die Gewinnstabilität eines Unternehmens von einem zum nächsten Jahrzehnt verändert.
Veränderung der Gewinnstabilität insgesamt
Für das Folgejahrzehnt habe ich für alle Unternehmen nun die Maßzahl für die Stabilität neu berechnet und alle Unternehmen wieder in Quintile (fünf gleichgroße Gruppen) eingeteilt.
Stabilitätsmaßzahl | ||
---|---|---|
1994 – 2003 | 2004-2013 | |
1. Quintil (stabil) | 0 – 18,9% | 0 – 21,4% |
2. Quintil | 18,9% – 35,0% | 21,4% – 40,1% |
3. Quintil | 35,0% – 63,4% | 40,1% – 81,8% |
4. Quintil | 63,4% – 168% | 81,8% – 254% |
5. Quintil (nicht stabil) | 168% – negativ | 254% – negativ |
Median | 45,5% | 57,2% |
Interessant ist ersteinmal, dass sich im Folgejahrzehnt meine Maßzahl für die Gewinnstabilität bei den betrachteten Unternehmen im Schnitt etwas verschlechtert hat. Dadurch haben sich die Quintilgrenzen auch etwas nach oben verschoben. Allzu viel hineindeuten würde ich da jedoch nicht. Hat vielleicht auch die Finanzkrise einen gewissen Einfluss gehabt? Bei vielen Unternehmen dürfte es 2009 einen Gewinneinbruch gegeben haben, der sicherlich die Maßzahl für die Gewinnstabilität nach unten zieht.
Veränderung der Gewinnstabilität bei einzelnen Unternehmen
Jetzt zu der Frage: wie wahrscheinlich war es denn, dass sich die Gewinnstabilität eines Unternehmens so sehr verändert, dass es sich im Folgejahrzehnt in einem anderen Quintil wiederfindet? Das habe ich hier als Diagramm dargestellt:
Beispielsweise 45% der Unternehmen, welche im 1. Jahrzehnt zur besten Gruppe (Quintil 1) gehörten, gehörten auch im Folgejahrzehnt zu dieser Gruppe. Oder rund 10% der Unternehmen, die im 1. Jahrzehnt zur schlechtesten Gruppe gehörten (Quintil 5) gehörten im Folgejahrzehnt zur besten Gruppe.
Interessant ist in jedem Fall schonmal, dass der Zusammenhang offenbar nicht rein zufällig ist. Unternehmen die im 1. Jahrzehnt bezüglich der Gewinnstabilität als gut eingeordnet waren, hatten im Folgejahrzehnt eine größere Wahrscheinlichkeit stabile Gewinne zu liefern, als im 1. Jahrzehnt schlechte Unternehmen. Unternehmen mit stabilen Gewinnen bleiben also tendenziell stabil. Das ist jetzt nicht so unerwartet, trotzdem schön es mal zu sehen.
Auf der anderen Seite gibt es trotz diesem Zusammenhang eine nicht unbeträchtliche Fluktuation zwischen den Quintilen. Eine Wanderung von Quintil 1 in Quintil 2 oder von 4 zu 3 würde ich jetzt nicht überbewerten. Im Extremfall könnte ein Unternehmen sich vom letzten Rang im 1. Quintil auf den ersten Rang vom 2. Quintil verschieben, was nun wirklich keine dramatische Veränderung wäre. Aber auch eine größere Veränderung ist nicht so unwahrscheinlich. Die Wahrscheinlich für eine Veränderung von mehr als einem Quintil lag immerhin bei 32%. Jedes dritte Unternehmen hat sich im Folgejahrzehnt also bezüglich seiner Gewinnstabilität recht stark verändert.
Hier mal einige Unternehmen mit sehr dramatischen Veränderungen der Gewinnstabilität, dargestellt ist jeweils der Jahresüberschuss der Jahre 1994 – 2013 in Mio. €:
Auch wenn solche dramatischen Veränderungen eher die Ausnahme als die Regel sind: so selten sind sie auch wieder nicht. Die dargestellten Unternehmen sind alle entweder vom ersten ins letzte Quintil oder entgegengesetzt gerutscht. Und das war immerhin für 10% der Unternehmen der Fall, die sich im ersten Jahrzehnt im besten oder schlechtesten Quintil befanden. Meine Vermutung ist, dass man von so einer Entwicklung recht überrascht gewesen wäre, wenn man die Unternehmen 2004 analysiert hätte. So etwas vorherzusehen dürfte verdammt schwer sein.
Fazit
Wir wissen jetzt also eines: Unternehmen mit stabiler Gewinnentwicklung haben mit einer höheren Wahrscheinlichkeit auch in Zukunft eine solche, als Unternehmen ohne stabile Gewinnentwicklung. Auf der anderen Seite ist das aber bei weitem keine Garantie, bei einer nicht unbedeutenden Anzahl von Unternehmen kann sich die Stabilität der Gewinne auch verändern.
Die Untersuchung in diesem Artikel gibt einen groben Anhaltspunkt, wie wahrscheinlich Veränderungen sind. Aber gibt es irgend eine Möglichkeit vorherzusagen, bei welchen Unternehmen sich die Stabilität verändern wird und bei welchen nicht? Gibt es Merkmale, mit denen man so etwas wenigstens mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit vorhersagen kann? Mit dieser Frage werden sich Folgeartikel dieser Serie beschäftigen.
Nachtrag: Alternative Berechnung der Gewinnstabilität
Im letzten Artikel hat ein Leser in einem Kommentar eine Frage aufgeworfen: Warum nehme ich nicht einfach die Standardabweichung der relativen Gewinnveränderung als Stabilitätsmaßzahl?
Meine Vermutung war, dass diese Maßzahl ähnlich gut geeignet sein könnte, ich jedoch keinen Vorteil sehe. Um sicher zu gehen, habe ich mir aber trotzdem nochmal die Mühe gemacht und das Diagramm oben mit der neuen Maßzahl erstellt:
Man sieht im Detail gewisse Abweichungen, aber am Gesamtbild ändert sich wenig. Die Ergebnisse sollten also ähnlich sein, auch wenn man die Stabilität der Gewinne mit dieser alternativen Methode misst.
Übrigens hat sich auch allgemein an der Rangfolge der Unternehmen nicht viel geändert. An den Rändern der Gruppen/Quintile gab es gewisse Verschiebungen, aber kein einziges Unternehmen hat sich durch die geänderte Berechnung um mehr als ein Quintil verschoben.
Diese Ergebnisse beruhigen mich, ich hatte schon die Befürchtung, dass ich alles über den Haufen werfen muss und sämtliche Ergebnisse die ich schon habe neu berechnen muss.
Trotzdem, oder gerade deshalb, danke für die Idee, so etwas zu prüfen ist immer wichtig. Ich hoffe bei den Ergebnissen auf weitere Diskussionen, vier (oder 1000) Augen sehen eben mehr als zwei.
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