Anfang des Jahres hatte ich schon einmal einen kurzen Artikel über die Greater China Precision Components geschrieben. Gestern habe ich mich nochmal tiefergehender mit dem Unternehmen beschäftigt, welches in China Gehäuse für Handys und Tablets produziert und an der Börse Frankfurt notiert ist.
Preissetzungsmacht?
Was ich bei der Bewertung der Greater China Precision Components für einen entscheidenden Punkt halte ist: hat das Unternehmen eine Preissetzungsmacht? Hier kommt man leider relativ schnell zu dem Schluss, dass die Kunden von Greater CPC am längeren Hebel sitzen. Das Unternehmen beliefert hauptsächlich wenige Großkunden, Hersteller von Handys und Tablets. Natürlich sind diese auf Zulieferer wie Greater China Precision Components angewiesen. Aber ein Zulieferer von Plastikgehäusen dürfte im Zweifelsfall leider verhältnismäßig leicht ersetzbar sein…
Das ist insbesondere problematisch, weil die Löhne in China kontinuierlich steigen und der Kurs des Renminbi tendenziell wohl steigen wird.
Die Personalkosten machen bei Greater China Precision Components immerhin rund 25% der direkten Umsatzkosten aus. Ich wage es zu bezweifeln, dass es so leicht möglich leicht möglich ist, gegenüber den Kunden höhere Preise aufgrund gestiegener Personalkosten durchzusetzen…
Damit zusammen hängt auch der Kurs des Renminbi gegenüber Euro und Dollar. Der Wechselkurs des Renminbi wird stark kontrolliert. Viele Experten sind der Meinung, dass der Kurs des Renminbi stark unterbewertet ist. Auch wenn ich kein Experte auf diesem Gebiet bin und das nicht wirklich beurteilen kann: als Exportland hat China zumindest ein Interesse daran, die chinesische Währung eher unterbewertet zu halten. In der Vergangenheit wurde der Renminbi aber wiederholt gegenüber Euro und Dollar aufgewertet, was sicher auch in Zukunft passieren kann. Vielleicht lockert China in Zukunft sogar mal die Kontrolle des Wechselkurses oder hebt diese gar ganz auf. Was passiert dann bei einem steigenden Wechselkurs des Renminbi? Zwar hat Greater China Precision Components auch chinesische Kunden, aber die meisten Umsätze dürften eher in Euro und Dollar getätigt werden. Die Kosten fallen jedoch – zumindest zum Teil – in Renminbi an. Und da stellt sich nun wieder die Frage: wird es ohne weiteres möglich sein, die dann im Verhältnis zum Umsatz gestiegenen Kosten an die Kunden weiterzugeben?
Nebenbei gesagt: andererseits hätte eine Aufwertung des Renminbi gegenüber dem Euro natürlich einen positiven Effekt, für einen Anleger aus dem Euroraum. Schwer zu sagen welcher Effekt nun stärker wäre…
Effizienzsteigerung und anderer Produktmix
Auch wenn es einem Unternehmen wie Greater China Precision Components recht schwer fallen wird, bei Kunden Preiserhöhungen durchzusetzen, gibt es natürlich die Möglichkeit, auf der Kostenseite, beispielsweise durch höhere Automatisierung, die Margen positiv zu beeinflussen. Das hat Greater CPC mit Sicherheit getan, es gibt in den Corporate Announcements immer wieder Hinweise darauf. Leider reicht das aber wohl nicht aus, um die Margen zu erhöhen, sondern nur um in der Gewinnzone zu bleiben. Denn der immer wieder vom Management beklagte Konkurrenzdruck und steigende Löhne wirken dem leider stark entgegen.
Eine weitere Strategie die Greater China Precision Components in den letzten Jahren gefahren ist, ist die Konzentration auf höhermargige Produkte. Bei einfachen Handys besteht natürlich ein noch deutlich höherer Preisdruck für die Zulieferer, als bei teureren Smartphones oder Tablets, ganz einfach weil die Kosten für das Gehäuse im Verhältnis zu den gesamten Produktionskosten stärker ins Gewicht fallen. Derzeit beliefert Greater China Precision Components wohl Motorola und Amazon im höherpreisigen Segment. Insbesondere letzterer Kunde, für den wohl Gehäuse für das Kindle produziert werden, hat seit dem zweiten Halbjahr 2011 für eine wesentliche Verbesserung der Lage bei Greater CPC beigetragen.
Hier die Darstellung der Umsatzanteile der einzelnen Produktsegmente:
Der Bereich Lackierung von Gehäusen wurde komplett eingestellt. Vermutlich weil damit zu geringe Margen verdient wurden? Der Bereich Handygehäuse ist kontinuierlich gewachsen, durch fallende Margen sind die Gewinne aber leider trotzdem gefallen. Neu seit dem 2. Halbjahr 2011 ist die Produktion von Gehäusen für Tablets, vermutlich ausschließlich oder zumindest hauptsächlich für das Amazon Kindle. Gerade dieser Bereich hat auch zur deutlichen Verbesserung der Ertragssituation beigetragen. Im Jahr 2012 wird es wohl ähnlich ausgesehen haben. Der Vorstand geht von höheren Umsätzen und Gewinnen als im Vorjahr aus, zumindest die veröffentlichten Ergebnisse des ersten Halbjahres unterstützen das. Die Zahlen für 2012 sollen noch im April veröffentlicht werden.
Die Frage bei den Tabletgehäusen, die sich mir jetzt stellt ist natürlich folgende: wird auch hier in Zukunft ein so massiver Preisdruck herrschen, wie bei Handys? Die Gefahr besteht sicherlich, die generellen Überlegungen zur Preissetzungsmacht von Greater CPC treffen hier genauso zu.
Ein Segment was ich in der Darstellung der Jahresabschlüsse vermisse, sind die Touchscreens, die im H1 2011 angekündigt wurden und offensichtlich auch lieferbar sind. Vielleicht werden sie ja den anderen Segmenten zugeschlagen oder es wurden 2011 noch keine nennenswerten Umsätze damit getätigt. Vielleicht erfahren wir im Jahresabschluss 2012 etwas darüber…
Bereinigung des Jahresüberschusses
Wenn man sich die Gewinn- und Verlustrechnung von Greater China Precision Components etwas genauer ansieht, fallen einem einige Posten auf, die man bereinigen sollte, um eine realistischere Einschätzung der Ertragskraft vornehmen zu können.
Zu ersten fallen die Financial Assets in der Bilanz auf, die wie im Anhang angegeben aus US-Aktien bestehen, die zu aktuellen Marktwerten bilanziert sind. Entsprechend existiert auch ein Posten Net (loss)/gain arising from financial assets at fair value through profit or loss in der Gewinn- und Verlustrechnung. Natürlich sind Gewinne oder Verluste solcher Investments durchaus real, andererseits sollte man sie bei der Abschätzung der zukünftigen Ertragskraft nicht mit betrachten, schließlich sind das kaum wiederkehrende Ereignisse. Die Auswirkungen sind zwar nicht dramatisch, aber der Gewinn von gut 1 Mio. € im Jahr 2010 und der Verlust von ca. 1 Mio. € 2011 verzerrt den Jahresüberschuss im einstelligen Millionenbereich doch etwas.
Ein weiterer Punkt sind Verluste aus Kursänderungen von Währungen. Da ein Großteil der finanziellen Mittel in Euro gehalten wird, aber in Renminbi bilanziert wird, fallen bei einer Aufwertung des Renminbi natürlich Verluste an. Einen Investor aus dem Euroraum interessiert das natürlich weniger. Auch das hat keine dramatischen Auswirkungen auf den Jahresüberschuss, aber da dieser Effekt nahezu durchgängig immer wieder auftritt, könnte man den realen Jahresüberschuss wohl etwas nach oben korrigieren.
Ein weiterer Punkt den man im Auge behalten sollte, sind Abschreibungen von Forderungen und Vorräten. Insbesondere 2011 sind hier etwa 3,5 Mio. € Abschreibungen angefallen, während die Zahlen in Vorjahren deutlich geringer ausfielen. Da man keine weiteren Informationen hat, wo diese Zahlen herkommen, ist es natürlich schwierig hier eine Einschätzung vorzunehmen. Aber wenn man davon ausgeht, dass das 2011 eher eine einmalige Sache war, könnte das Wegfallen dieser Posten in folgenden Jahren positive Auswirkungen auf die Profitabilität haben. Aufgrund der geringen Informationen die man hier hat, lasse ich diesen Punkt in der Bereinigung in der Grafik unten aber mal weg.
Und der letzte wichtige Punkt sind die Steuern. Greater China Precision Components unterliegt als High Tech Unternehmen zeitweise einem ermäßigten Steuersatz. Zuletzt wurde der reduzierte Steuersatz für die drei Jahre ab 2012 um 40% reduziert, beträgt also 15% statt 25%. Ob danach eine erneute Reduzierung erfolgt ist unklar, man sollte sich also ggf. auf höhere Steuerquoten einstellen.
In folgender Abbildung mal gegenübergestellt der ausgewiesene Jahresüberschuss, der um Kursveränderungen von Investments und Wechselkursverluste bereinigte Jahresüberschuss und der bereinigte Jahresüberschuss, wenn 25% Steuern gezahlt worden wären.
Eigentlich sieht man hier vor allem eines: die Auswirkungen sind nicht allzu dramatisch. Wesentlich dramatischer auf den Unternehmenswert dürfte wohl die Einschätzung der zukünftigen Ertragskraft sein, die von sehr großen Unsicherheiten behaftet ist.
Trotzdem sollte man diese Einflussfaktoren im Auge behalten, schließlich könnten diese in Folgejahren auch mal größer sein.
Wert und Preis – ein guter Kauf?
Ausgehend von diesen Überlegungen nun also einige Gedanken zu der Frage, ob Greater China Precision Components ein interessantes Investment ist.
Ein Unternehmen mit geringer Preissetzungsmacht bei gleichzeitig steigenden Löhnen und großem Konkurrenzdruck hört sich natürlich auf den ersten Blick wenig verlockend an. Auf der anderen Seite war Greater CPC in den letzten Jahren aber immerhin durchgehend profitabel und ob ein Investment gut ist oder nicht, hängt neben der Qualität eben auch vor allem von dem Preis ab, den man zahlt.
Für ein Unternehmen ohne großartige Wettbewerbsvorteile wie wir es hier haben, würde ich auf keinen Fall mehr als den Buchwert zahlen. Mit einem aktuellen KBV von knapp über 0,3 haben wir dazu aber einen gehörigen Abstand. Bleibt Greater China Precision Components zukünftig einigermaßen profitabel, ist das sicherlich ein Schnäppchen. Ob das der Fall sein wird, ist natürlich schwer vorherzusagen.
Sehr interessant sieht auch das KGV aus. Auf Basis des Gewinns des Jahres 2011 ergibt sich ein KGV von 2,4. Natürlich ist es richtig, dass solche Rechnungen bei Unternehmen, deren zukünftige Ertragskraft schwer vorhersagbar ist, mit Vorsicht zu betrachten sind. Aber ein KGV von 2,4 kann man eben auch folgendermaßen interpretieren: wenn das aktuelle Gewinnniveau nur 2,4 Jahre anhält, habe ich meine Investition gewissermaßen wieder drin. Natürlich ist das stark vereinfacht betrachet, wenn das Unternehmen danach wieder Verluste macht habe ich davon nichts. Aber diese Herangehensweise zeigt doch, dass bei solch extrem niedrigen Bewertungen eine längere Vorhersage der Ertragskraft an Wichtigkeit abnimmt.
Selbst wenn man man den bereinigten Jahresüberschuss des recht schlechten Jahres mit der aktuellen Marktkapitalisierung ins Verhältnis setzt, kommt man auf ein KGV von etwa 7, was nicht unbedingt teuer ist.
Dazu kommt dann natürlich noch das allgemeine China-, Betrugs-, usw.-Risiko. Auf diesen Punkt möchte ich an dieser Stelle nicht schon wieder eingehen. Dieses Risiko sollte jeder für sich nochmal versuchen einzuschätzen…
Fazit
Wie auch schon im ersten Artikel zu Greater China Precision Components angedeutet, gibt es einige Dinge, die die Aktie gegenüber anderen Deutsch-China-Aktien herausheben: eine relativ lange Historie, Dividenden und Aktienrückkäufe. Dass die Aktie nur im Entry Standard notiert ist, was unter anderem zur Folge hat, dass es keine Quartalsabschlüsse gibt und auch sonst recht spärliche Informationen, ist sicher nicht gerade ein Vorteil. Aber ganz ehrlich, die bunten Bildchen und schönen Worte einiger im Prime Standard notierten Aktien bieten objektiv betrachtet auch nicht in jedem Fall einen Mehrwert…
Ansonsten: ein mittelmäßiges Unternehmen zum absoluten Ramschpreis. Beim aktuellen Preis erwartet Mr. Market wohl, dass fast alles schief gehen wird, was schief gehen kann. Aber wird es das wirklich? Ich denke so sicher ist das nicht…
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— Till · 9. April 2013, 08:55 · #
Heisst dein abschliessendes Fazit du kaufst oder nicht?
— Stefan Mohr · 9. April 2013, 09:31 · #
Ja, mein abschließendes Fazit heißt ich kaufe eine kleine Position. Werde auch heute oder morgen entsprechend das Musterdepot aktualisieren…
— Mario · 9. April 2013, 16:54 · #
Der Artikel hat interessante Gefühle und Überlegungen in mir ausgelöst.
Am Anfang überwog die Skepsis und der Gedanke so eine Aktie würde ich höchstens zu einem KGV von 2 anfassen. Dann die Erkenntnis, oh die gibt es ja tatsächlich knapp über 2. Vielleicht doch interessant? Letztlich bleibe ich draußen, weil mir die Börsenumsätze zu gering sind. Ich lasse die Finger von Werten, bei denen eine Order von ein paar Tausend Euro schon den ganzen Tagesumsatz an der Börse darstellen kann. Die institutionellen Investoren haben noch viel höhere Liquiditätsansprüche als ich und das ist sicherlich einer der Gründe, warum die Bewertung so günstig werden konnte.
Mittelmäßiges Unternehmen zum Spottpreis würde mich aber ansonsten auch reizen, auch wenn Meister Buffett immer predigt lieber großartige Unternehmen zu einem fairen Preis zu kaufen.
— Stefan Mohr · 9. April 2013, 17:29 · #
Also verglichen mit Conduril, die ich auch im Depot habe und die im Schnitt vielleicht einmal im Monat gehandelt wird, findet bei Greater CPC doch ein extrem liquider Handel statt ;)
Klar ist geringe Liquidität kein Vorteil, aber überbewerten würde ich es ehrlich gesagt auch nicht, wenn man nicht vorhat die Aktie nur Tage oder wenige Wochen zu halten.
— Mario · 10. April 2013, 10:23 · #
Gerade bei den sehr kleinen Gesellschaften kommt aus meiner Sicht häufig noch ein Faktor hinzu, der mir erst nachträglich durch den Kopf ging. Wir haben April 2013 und deine Bewertung endet mit 2011’er Zahlen. Danach kann sich ja alles mögliche geändert haben. Auf der Seite vom Unternehmen gibt es immerhin einen Halbjahresbericht 2012, aber für April 2013 ist das immer noch wenig. Ich versuche nicht quartalsweise neue Kursziele zu errechnen und diese im einstelligen Prozentbereich anzupassen, aber ich habe qualitativ schon gerne einen Blick auf die Entwicklung “meiner” Unternehmen und zwar nicht erst mit einem halben oder ganzen Jahr Verzögerung. Ich würde mich so nie ganz wohlfühlen, ob die Bewertung nun wirklich niedrig ist oder ich nur etwas nicht weiß, was andere durch andere Quellen ableiten konnten.
Wie schon geschrieben, ich kann den Reiz von dieser Aktie schon nachvollziehen und die potentielle Rendite ist sehr hoch, Für mich akzeptiere ich lieber niedrigere Renditeerwartungen und bevorzuge Aktien bei denen ich mich auch mit etwas größeren Beträgen wohl fühle. Nur wenn ich mich gut informiert fühle, kann ich den Schmerz zeitweise fallender Kurs gut aushalten und dann ggf. sogar nachkaufen.
Bei den ganz großen Werten kann ich allerdings auch immer weniger erkennen, was ich als privater besser einschätzen soll als die vielen Profis. Für mich kristallisiert sich deshalb immer mehr der Bereich zwischen 100 Mio. und 3 Mrd. Euro Marktkapitalisierung als Zielgröße heraus.
Viele Wege führen nach Rom :-)
— sebastian · 28. April 2013, 22:04 · #
Wenn man davon ausgeht, dass es sich um keinen Betrugsfall handelt ist es von der Bewertung her eigentlich ein Blindkauf. Ein Risiko sehe ich allerdings bei den Tabletgehäusen. Wenn dahinter ein Großauftrag von Amazon steht, dann dürfte die Marge gering sein und es besteht das Risiko, dass der Auftrag des Einzelkunden mit der nächsten Gerätegeneration komplett wegfällt. Das wäre dann eben mal die Hälfte des Umsatzes. Dass Amazon Kunde ist spricht für mich allerdings tendenziell für die Seriösität des Unternehmens. Eigentlich handelt es sich aus meiner Sicht eher um einen Fall von Wagniskapital. Wie von Dir schon erwähnt, könnte man einfach die am billigsten bewerteten 10-20 Chinaaktien einsammeln, die (unvermeidlichen?) 2-3 Betrugsfälle abschreiben und hoffen, dass ein paar der Chinaknaller ordentlich explodieren, sobald irgendwann einmal die Wirtschaft wieder anspringen sollte. Also mehr Graham als Buffett. Ansonsten: was spricht eigentlich gegen in Hongkong gelistete Chinaaktien? Ich könnte mir vorstellen, dass die attraktiveren Firmen zuerst dort versuchen, an die Börse zu gehen, bevor sie es in NY, LN, PA oder FF versuchen.
— Sebastian · 30. April 2013, 12:11 · #
Nun ist der erhoffte Jahresbericht da. Auf die schnelle in meinen Augen sehr positiv und im Rahmen dessen, womit zu rechnen war.
NCAV konnte signifikant gesteigert werden und zudem gab es keine bösen Überraschungen durch das Feuer!
Zwischen den Zeilen darf man vermuten, dass GCPC nun zertifizierter Lieferant von Samsung ist. Es bleibt offenbar jedoch das Risiko der Abhängigkeit von wenigen Großkunden.
Meiner Meinung nach bleibt GCPC spannend. Vorerst werde ich GCPC jedoch weiter nur im Musterdepot führen…bin mir nicht sicher.
— Richard a.k. · 11. August 2014, 16:25 · #
Hallo Stefan,
heute wurde von CGPC der Delisting-Antrag
bekanntgegeben.
Das sollte zumindest theoretisch nicht den inneren Wert der Anteile ändern. Wirst du noch über die Börse verkaufen? Welche anderen Optioen siehst du, CGPC auch ohne Börse verkaufen zu können?
Grüße
— Stefan Mohr · 11. August 2014, 17:57 · #
Hallo Richard,
auch gerade gelesen…
Vielleicht wird GCPC weiter über Valora gehandelt. Aber selbst wenn bin ich eher pessimistisch, was die Zukunftsaussichten für die Minderheitenaktionäre angeht…
Ob ich verkaufen werde, habe ich noch nicht entschieden. Aktuell ist die Aktie gut 30% im Minus. Keine Ahnung, ob das ein fairer Abschlag ist, in Anbetracht der jetzt erhöhten Risiken. Genaugenommen habe ich kaum eine Entscheidungsgrundlage die besser ist als eine Münze zu werfen.
— daniel koinegg · 11. August 2014, 19:42 · #
Das ist die Fortsetzung genau jener rechtlichen Entwicklung, die ich im bargain-magazine schon beschrieben habe und deren Existenz für mich momentan ein Grund ist, den deutschen Markt beinahe insgesamt zu meiden. Seit der Frosta-Entscheidung ist dieser Vorgangsweise Tür und Tor geöffnet – praktischerweise wird das genau bei den Unternehmen passieren, die unterbewertet sind.
— Richard a.k. · 11. August 2014, 20:36 · #
Hallo. Ich bin nicht GCPC investiert sondern bei Goldrooster. Und dort könnte ein ahnliches Szenario drohen.
Wieso bist du pessimistisch für Minderheitsaktionäre?
Also, ich habe mir überlegt, dass ich ein Delisting mitgehen würde. Das würde alles natürlich verkomplizieren, aber es gibt durchaus Alternativen zur Börse.
Wir Kleinanleger können bei einem Delisting doch nicht wie die Angsthasen die Anteile zu Schleuderpreisen wegschmeißen. Genau darauf wird doch spekuliert.
Grüße
— daniel koinegg · 11. August 2014, 21:48 · #
Nun, weil sehr viele Publizitätspflichten wegfallen, genauso wie verschiedenste Arten von Triggern, die normalerweise Unterbewertungen auflösen können: Beispielsweise gibt es kaum eine Möglichkeit, dass ein aktivistischer Investor einsteigt (sofern nicht anhand der Delisting-Ankündigung der Kurs so mörderisch fällt, dass diese Schnäppchenpreise noch einen anlocken). Die Auflösung einer Unterbewertung im klassischen Sinn durch das Ansteigen der Aufmerksamkeit der Marktteilnehmer fällt logischerweise auch weg. All diese Faktoren vermindern die Position der Minderheitsaktionäre meiner Meinung nach erheblich. Außerdem ist das ein unglaublicher Witz, dass der Börsenrückzug eine Verwaltungsentscheidung des Vorstands sein soll…
— Richard a.k. · 11. August 2014, 22:10 · #
ok, kann ich nachvollziehen.
Aber mindestens einen Trigger wird immer geben: Die Dividende. Wenn sie langfristig steigt, wird auch der Preis steigen – ob mit oder ohne Börse.
Grüße
— Jan · 11. August 2014, 22:59 · #
Hallo zusammen,
wieso sollte für eine von der Börse genommene Aktie noch Dividende gezahlt bzw. diese sogar noch erhöht werden?
Zur Vermeidung von Klagen wird oft zunächst eine konstante der leicht reduzierte Dividende fortgezahlt. Ein Wachstum ist da sicher nicht mehr zu erwarten.
Man kann dem Mehrheitseigner das Geld auch anders zukommen lassen (Spenden, Beratervertrag, Buy&Lease von teuren Grundstücken, ..) und sich die Auszahlung an die Minderheitsaktionäre sparen.
Investoren möchte man mit der Dividende sicher nicht anfüttern.
Ich schließe mich Daniel an, beim Delisting schaut der Minderheitsaktionär in die Röhre. Selbst wenn krumme Dinger zwischen Vorstand und Mehrheitseigentümern laufen hat man viel zu wenig Einblick und noch weniger Beweise. Das gilt umso mehr, wenn der Vorstand Mehrheitseigentümer ist.
Andere Meinungen dazu?
Jan
— Richard a.k. · 12. August 2014, 08:42 · #
Ich habe gelesen, dass in der Schweiz 90 Prozent aller Aktiengesellschaften nicht an der Börse kotiert sind. In Deutschland wird das Verhältnis ähnlich aussehen. Was du schreibst, würde ja genauso auf eben alle diese AGs zutreffen und nicht nur auf delistete.
Selbst wennn genug kriminelle Energie für solche Aktionen wie Fake-Spenden, Beraterverträge ohne Gegenleistung usw. da wäre, es fehlt die Motivation. Der Streubesitz der bisher delisteten Ags liegt meist unter 10 Prozent (Ausnahme Magix).
— daniel koinegg · 12. August 2014, 10:53 · #
Die nicht gelisteten AGs haben aber den Unterschied, dass sie in der Regel nie gelistet waren. Von daher hat sich dort eine Aktionärsgemeinschaft zusammengefunden, die normalerweise größere Aktienpakete hält und damit auch entsprechende Kontroll- und Minderheitsrechte hat. Bei plötzlich von der Börse genommenen Gesellschaften sieht die Aktionärsstruktur wahrscheinlich anders aus.
Auch bei Jetter war der Streubesitz wesentlich größer. Außerdem ist die bisher von der Börse genommene Menge an Gesellschaften noch nicht repräsentativ, was darauf zurückzuführen ist, dass die Frosta-Entscheidung erst vorigen Oktober war. Wenn sich an der Rechtslage nichts ändert, wird sich diese Tendenz aber mE noch verstärken.
Abgesehen davon ist auch bei Gesellschaften unter 10 Prozent Streubesitz die Motivation sehr sehr groß – spart man sich dadurch doch das lästige Barabfindungsverfahren im Squeeze Out (ich weiß nicht wie hoch die Schwelle bei Euch in Deutschland ist, in Österreich ist sie bei 90%)
— Richard a.k. · 12. August 2014, 11:09 · #
Ok,
wir reden hier über Straftaten.
Derjenige müsste dauerhaft, also quasi jedes Jahr, die Gewinne der AG an den 10 Prozent Minderheitsaktionären “vorbeischleusen”. Und das nur damit seine eigene Ausschüttung 10 Prozent höher ausfällt. Also, Wirtschaftskriminelle sind Zahlenmenschen und kalkulieren ihre Risiken sehr genau. 10 Prozent mehr pro Jahr sind eine lächerliche Motivation fürs Gefängnis. Und es kann ja nicht einmalig erfolgen, sondern müsste dauerhaft vonstatten gehen.
Und ich bleibe dabei. In den tausenden von nicht notierten AGs gibt es durchaus auch Klein- und Kleinstaktionäre z.B. durch Mitarbeiterbeteiligung. (Mein Großvater war so einer.) Die werden dauerhaft betrogen?
Hier wird eindeutig etwas hochgepuscht!
— daniel koinegg · 12. August 2014, 12:25 · #
Nun, warten wir einfach ab wie sich die Zukunft entwickelt, dann sehen wir, ob hier nur etwas hochgepuscht wird.
Abgesehen davon gibt es genügend legale Wege, Cashreserven aus einem unterbewerteten Unternehmen zu bringen – überteuerte Übernahmen von nahestehenden Gesellschaften beispielsweise, oder überzogene Gehälter und Boni. All das kann viel leichter in einer nicht öffentlichen AG durchgezogen werden.
Zu guter Letzt bin ich trotzdem der Meinung, dass die ganz überwiegende Mehrheit der nichtöffentlichen AGs einen überschaubaren Gesellschafterkreis hat.
— Stefan Mohr · 12. August 2014, 12:50 · #
Interessante Diskussion :)
Leider kann ich wenig dazu beitragen, da ich selbst keine Erfahrungen mit unnotierten Aktien habe.
Generell würde ich sagen, dass es hier noch mehr auf faires und vertrauenswürdiges Management ankommt.
Bei GCPC, mal abgesehen vom Management, ist es problematisch, dass die Hauptversammlung nicht in Deutschland stattfindet, wodurch man nach Notierungseinstellung vermutlich kaum noch Informationen bekommt. Auf der anderen Seite ist natürlich auch die Aussage von Richard nicht von der Hand zu weisen.
“Wir Kleinanleger können bei einem Delisting doch nicht wie die Angsthasen die Anteile zu Schleuderpreisen wegschmeißen. Genau darauf wird doch spekuliert.”
— Richard a.k. · 12. August 2014, 12:51 · #
Überzogenen Vorstandsvergütungen sind natürlich eine dauerhafte Möglichkeit sich zu bedienten, ohne dass die 10-Prozent-Minderheit etwas abbekommt. Aber damit wird man auch nicht den kompletten Gewinn vereinnahmen können.
Wenn überhaupt dann müsste der Jahresabschluss jedes Jahr manipuliert werden. Die Gesellschaft müsste einen Gewinn von null Euro ausweisen und der eigentliche Gewinn komplett in einen “Beratervertag” gehen oder so. Vater Staat bekommt dann auch keine Steuern mehr:-(
Ich lasse mich gerne überzeugen, wenn mir hier jemand einen Weg aufzeigt, wie man Minderheitsanteilseigner dauerhaft um ihre Dividende bringen kann und der Mehrheitsaktionär die Gewinne komplett entnehmen kann. (Das war ja das Thema!). Bisher hört sich das alles eher nach Verschwörungstheorie an.
— daniel koinegg · 12. August 2014, 13:11 · #
“Ich lasse mich gerne überzeugen, wenn mir hier jemand einen Weg aufzeigt, wie man Minderheitsanteilseigner dauerhaft um ihre Dividende bringen kann und der Mehrheitsaktionär die Gewinne komplett entnehmen kann.”
Ein Hauptaktionär – der gleichzeitig Vorstand ist – verfügt über eine Beteiligung von 40% an einer börsenotierten Gesellschaft und somit in der Regel über die faktische Mehrheit in der HV. Hierüber bestellt er den Aufsichtsrat, also seine eigenen Kontrollore. Dann verfügt der Vorstand ein Delisting (HV-Beschluss ist ja keiner notwendig). Auf der ersten HV nach dem Delisting beschließt das Aktionariat (in dem der Vorstand ja seine Mehrheit hat) eine Aussetzung der Dividende. Gleichzeitig bekommt der Vorstand vom AR eine saftige Gehaltserhöhung. Nirgends steht, dass das Vorstandsgehalt an den Gewinn gekoppelt sein muss, folglich braucht dieser auch nicht manipuliert zu werden und ich brauche auch keinen Beratervertrag. Für mich hört sich das weder illegal noch wie eine Verschwörungstheorie an.
— Richard a.k. · 13. August 2014, 10:09 · #
ok, wäre eine Möglichkeit.
Ob das legal ist???? Keine Ahnung.
Wenn der Free Cashflow über die Vorstandsvergütung abgeführt wird, werden auch keine Steuern bezahlt. Ist das Steuerbetrug?
Kommen wir mal zum Wesentlichen:
Die eigentliche Motivation hinter den durchgeführten Delistings ist doch eine ganz andere. Da sind Firmengründer und Mehrheitsaktionäre, die ihre eigene Firma von der Börse nehmen wolle, weil die Firma zum einen keinen Kapitalbedarf mehr hat und weil sie die Öffentlichkeit und die Publizitätspflichten leid sind. Das ist soweit legitim und könnte auch per HV-Beschluss erfolgen.
Das Problem ist, dass Aktionäre ihre Aktien nicht als Anteile am Unternehmen sonder als Lotterie-Tickets sehen. Sie glaube, sie hätten eine Niete gezogen und schmeißen hirnlos und panikartig ihre Anteile auf den Markt. Der Großaktionär kann sich nun günstig eindecken und wenn er über 95 Prozent hat den Squeeeze-out durchführen. Wenn es hier einen Betrug gibt, dann ist es genau der.
— daniel koinegg · 13. August 2014, 16:45 · #
“Wenn der Free Cashflow über die Vorstandsvergütung abgeführt wird, werden auch keine Steuern bezahlt. Ist das Steuerbetrug?”
Natürlich werden Steuern bezahlt, nur eben auf der Ebene des Vorstandes. Der wird ja (hoffentlich) Lohn- bzw. Einkommenssteuer darauf zahlen und bezahlt quasi diese Steuer mit einem Teil des Geldes, das sonst über Dividenden an die Minderheitsgesellschafter gehen würde. Wenn der gute Vorstand an sein Unternehmen andere von ihm gegründete oder mitbeherrschte Gesellschaften (natürlich etwas überteuert) verkauft, kann man sich einen Teil dieser Steuer auch noch sparen.
Wenn es einen HV-Beschluss gäbe (was ja laut dem BGH-Urteil zur Frosta-Rechtssache nicht notwendig ist), wäre die Wahrscheinlichkeit viel größer, dass durch die Ankündigung der Delisting-Pläne noch aktivistische Investoren an Bord gehen und ungemütlich werden. Das wäre also ein möglicher Trigger um bei unterbewerteten Aktien die Unterbewertung aufzulösen.
Im Übrigen ist meines Erachtens nicht das Problem, dass man sich die letzten paar Prozent zum squeeze out über den delisting-Antrag aneignen möchte – dann müsste es ohnehin eine (gerichtlich nachprüfbare) Barabfindung geben. Das Problem ist aus meiner Sicht vielmehr, dass sich ein Gesellschafter, der nur 30 oder 40% hat, auf diesem Weg de facto die unkontrollierbare Herrschaft über ein Unternehmen unter den Nagel reißen kann, ohne dass die restlichen Aktionäre überhaupt darüber abstimmen können oder gar einen Barabfindungsanspruch hätten.
Ich bleib` dabei, das ganze ist eine ziemlich große Unsicherheit – nicht nur bei Unternehmen die sowieso schon potenzielle squeeze-out-Kandidaten sind…
— Michael · 13. August 2014, 21:55 · #
Anbei noch eine andere Information:
Gemäss einer neu erschienen Untersuchung sind China Aktien gar nicht riskanter als vergleichbare, einheimische Gesellschaften – dies gilt offenbar in den USA. China Aktien übertreffen sogar ihre Vergleichswerte hinsichtlich Performance, Überlebenswahrscheinlichkeit etc. Die Performance wir dabei verstärkt, falls Venture Capital oder Private Equity Firmen an den China Titeln beteiligt sind.
Dieses Ergebnis erstaunt mich sehr, da ich von einem generellen “China Faktor” d.h. höherem Risiko ausgegangen bin. Ich gehe davon aus, dass das gleiche für Deutschland gelten könnte. Dies würde vor allem eines bedeuten – die Titel sind stark unterbewertet!
Die Studie kommentiert wie folgt:
“Shell Games: Are Chinese Reverse Merger Firms Inherently Toxic?
We examine the financial health and performance of reverse mergers (RMs) that became active on U.S. stock markets between 2001 and 2010, particularly those from China(around 85% of all foreign RMs). As a group, RMs are small, early-stage companies that typically trade over-the-counter. Chinese RMs (CRMs), however, tend to be more mature and less speculative than either their U.S. counterparts or a group of exchange-industry-size matched firms. Collectively, CRMs outperformed their matched peers from inception through the end of 2011, even after including most of the firms accused of accounting fraud. CRMs that receive private-equity (PIPE) financing from sophisticated investors perform particularly well.
Overall, despite the negative publicity(some from short sellers), we find little evidence that CRMs are inherently toxic investments. Our results shed light on the risk-performance trade-off for CRMs, as well as the delicate balance between credibility and access in well-functioning markets.”
Link: http://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=2155425
— Thomas · 14. August 2014, 17:41 · #
@Richard:
Du hast noch nichts von der ABL-Gruppe und den Reich-Clan gehört.
— Richard a.k. · 16. August 2014, 13:48 · #
“Natürlich werden Steuern bezahlt, nur eben auf der Ebene des Vorstandes. Der wird ja (hoffentlich) Lohn- bzw. Einkommenssteuer darauf zahlen”
Und die Kommune ist dann auch nicht sauer, dass sie auf die 15 Prozent Gewerbesteuer verzichten muss? Die stecken alle quasi unter einer Decke, nur um die wenigen Kleinanktionäre zu betrügen!
“Das Problem ist aus meiner Sicht vielmehr, dass sich ein Gesellschafter, der nur 30 oder 40% hat, auf diesem Weg de facto die unkontrollierbare Herrschaft über ein Unternehmen unter den Nagel reißen kann”
Das ist aber vollkommen legitim. Wenn die Leute so hiernlos sind und ihre Anteile abstoßen – selbst schuld. Ich bin nicht begeistert vom BGH-Urteil, aber der BGH ist mit seinem Urteil mehr Value-Investor, als so manches was ich hier lesen muss.
— daniel koinegg · 16. August 2014, 14:39 · #
Diese kommunale Gewerbesteuer kenne ich als Österreicher nicht, von daher mea culpa.
Zu Deinem letzten Einwurf muss ich aber sagen, dass es gar nicht darum geht, dass die Leute die Aktien zu Tiefstpreisen wegwerfen. Selbst wenn keiner verkauft, wird dem Streubesitz ein Großteil seiner Kontrollrechte genommen, weil durch das Delisting eine ganze Reihe von Publizitätspflichten wegfallen – ganz abgesehen von der Handelbarkeit einer Aktie, die sehr wohl (auch nach Grahams Security Analysis) den Wert eines Unternehmensanteils beeinflusst.
— Richard a.k. · 17. August 2014, 10:49 · #
Hi Daniel, ich stimme dir größtenteil zu.
Ich denke, wir sollten Stefans Seite hier fairerweise nicht unnötig missbrauchen und die Diskussion beenden. Auf Wallstreet Online gibt es ein paar gute Threads zum Thema wo anscheinend kompetente Leute reinposten (zumindest kompetenter als ich).
Zum Schluss möchte ich noch auf den aus meiner Sicht sehr reißerischen aber doch lesenswerten Artikel der Wiwo hinweisen (so ein Magazin muss sich ja auch verkaufen)
http://www.wiwo.de/finanzen/boerse/abgang-von-der-boerse-wie-aktionaere-durch-delisting-faktisch-enteignet-werden/10113304.html
Gruß an alle und bis bald mal