Ob Jumbo in meinem Kompetenzbereich liegt und ob ich lieber über ETFs bloggen sollte

28. April 2012 -   -  Stefan Mohr

Dieser Artikel ist die Antwort auf die Frage eines Lesers, ob Jumbo wirklich zu meinem Kompetenzbereich gehört. Da das ganze dann doch etwas umfangreicher geworden ist, mache ich mal einen eigenen Artikel daraus.

Ob Jumbo wirklich noch in meinem Kompetenzbereich liegt… schwierige Frage. Ich denke, eine Aktie zählt zu meinem Kompetenzbereich, wenn ich die wichtigen Faktoren, die Erfolg und Misserfolg des Unternehmens im nächsten Jahrzehnt wesentlich beinflussen können, zumindest einigermaßen einschätzen kann. Je ungenauer die Einschätzung, desto höher muss die Margin of Safety sein. Irgendwann ist aber ein Punkt erreicht, wo ein Unternehmen nicht mehr innerhalb meines Kompetenzbereiches liegt. Ich denke, dass ich über Jumbo zumindest genug weiß, dass ich ziemlich sicher sein kann, dass der aktuelle Preis zu niedrig ist. (100% Sicherheit gibt es natürlich nie). Aber es mag sein, dass ich die Gefahren durch die Griechenlandkrise als zu gering einschätze.

Dass ich genug weiß, oder zu wissen meine, heißt übrigens nicht, dass ich mich zwangsläufig hundert Stunden oder mehr mit einem Unternehmen beschäftigt haben muss. Es gibt Unternehmen, bei denen ich mich nach 10 Stunden Arbeit sicher genug fühle. Auf der anderen Seite gibt es solche, bei denen ich nach 10 Stunden einschätze, dass ich auch nach 1000 Stunden nicht genug weiß.

Zu den Erfolgsfaktoren der Vergangenheit und der Zukunft: Im Prinzip ist Jumbo einfach groß und hat damit Skalenvorteile. Außerdem besteht ein gewisses Knowhow, was der Verbraucher möchte. Das sind alles Sachen, die sicher keinen nahezu unantastbaren Wettbewerbsvorteil a la Coca Cola garantieren, aber wenn man nicht alles falsch macht, ist ein KGV von 5 einfach zu wenig (es sei denn man ist extrem pessimistisch bezüglich der Griechenlandkrise).

Ich habe übrigens tatsächlich keine anderen Quellen, als die Geschäftsberichte und die Links, die ich im Jumbo-Artikel genannt habe. Was man nochmal machen sollte, ist sich die Wettbewerber mal anzuschauen. Laut einem Forenbeitrag sollen das wohl vor allem Toys Acadamy und Zaharias sein (beide nicht börsennotiert). Aber darüber hinaus, bringen mich andere Quellen wirklich weiter? Ich denke, man überschätzt teilweise, was man wirklich weiß, wenn man sehr viele Quellen ausgewertet hat. Aber wenn jemand noch etwas über Jumbo findet: immer her damit, schaden wird es nichts!

Jumbo ist einfach extrem billig, wenn sich nicht vieles deutlich zum schlechten verändert. Was könnte sich denn deutlich zum schlechten verändern?

  • Die Leute möchten keine Spielwaren, Dekoartikel, Saisonartikel mehr kaufen —> kann ich mir kaum vorstellen
  • Ein Wettbewerber macht Jumbo ernsthafte Konkurrenz und sorgt für geringere Umsätze und/oder geringere Margen: natürlich kann man das langfristig nicht ausschließen, aber ich denke, dass die Einstiegshürden relativ hoch sind (vor allem durch die Skalenvorteile von Jumbo und die großen Läden mit viel Auswahl, sprich hoher Kapitalbedarf für den Einstieg)
  • Die Leute KÖNNEN sich weniger Spielwaren, Dekoartikel, Saisonartikel usw. leisten. —> das ist durchaus ein Risikofaktor, da momentan Löhne tendenziell sinken. Auf der anderen Seite bietet Jumbo günstige Preise und wer wenig Geld hat, spart zuerst an teuren Luxusartikeln. Weiterhin würden sich bei einer potentiellen Wiedereinführung der Drachme und einer angenommenen Abwertung gegenüber andere Währungen Jumbos Produkte verteuern. Das würde mit Sicherheit die Umsätze belasten, die Margen aufgrund geringerer flächenbezogener Umsätze noch stärker. Aber: ich glaube nicht, dass es sehr wahrscheinlich ist, dass die Drachme wieder eingeführt wird (Vorsicht: meine Einschätzung darüber ist recht wenig fundiert) und außerdem, selbst wenn, denke ich, dass die negativen Auswirkungen eher mittelfristig (sprich einige Jahre) sein werden. Denn mit einer schwächeren Währung wird auch die griechische Wirtschaft wieder wettbewerbsfähiger.

Alles in allem ist Jumbo für mich eine Aktie mit größeren Chancen als Risiken. Aber es ist auch nichts, wo ich 30 oder 50% meines Depots investieren würde.

Und nun an dieser Stelle mal was generelles: ich bin kein bekannter, erfolgreicher Value Investor mit jahrelanger Erfahrung und nachgewiesener Performance. Ich bin nur ein begeisterter Anfänger, der sich seit etwas mehr als 3 Jahren sehr intensiv mit dem Thema Value Investing beschäftigt. Nur weil ich einen Blog schreibe, muss das nicht heißen, dass ich übermäßig kompetent bin. Ich denke, dass ich einiges an Wissen angehäuft habe, und am Aktienmarkt besser als der Durchschnitt abschneiden kann. Aber vielleicht überschätze ich mich absolut? Um das herauszufinden, führe ich hier unter anderem mein Musterdepot, so dass meine Kauf- und Verkaufsentscheidungen öffentlich dokumentiert werden. Ich denke, in 5 Jahren könnte und sollte man eine erste Einschätzung vornehmen, wie gut ich wirklich bin ;) Wenn ich in diesem Zeitraum nicht deutlich besser als einige große Indizes abgeschnitten habe, werde ich ernsthaft darüber nachdenken, passiv anzulegen. Das Thema dieses Blogs wird sich dann wohl verändern, ich werde dann über ETFs zu bloggen. Versprochen!

Dieser Artikel ist zugegebenermaßen etwas wirr. Ich hoffe, der ein oder andere kann trotzdem eine interessante Idee daraus entnehmen.

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Kommentare [4]

  1. Robert Michel · 29. April 2012, 11:48 · #

    Die Leute, die verächtlich auf jene blicken, die die Pflichtveröffentlichungen als wichtigste Informationsquelle sehen, sind für mich nur Schwätzer. Quantitative Studien zeigen, dass sogar deutlich weniger Informationen ausreichen um eine Überrendite zu erzielen. Denke dass sie einfach versuchen ihren eigenen Misserfolg durch Insiderinformationen zu rationalisieren.

    Die Frage wieviel Informationen man braucht, um sich mit einem Investment gut zu fühlen ist natürlich trozdem wichtig. Würde mich von diesen trotzdem jedoch nicht beeindrucken lassen.

  2. Stefan Mohr · 29. April 2012, 16:52 · #

    Das stimmt, rein quantitative Strategien sind tatsächlich interessant. Ich mache das selbst nicht, wobei die einzige Begründung dafür ist, dass ich mich damit nicht wohl fühle.

    Grundsätzlich sollte man aber denke ich bei rein quantitativen Strategien deutlich mehr diversifizieren.

  3. Tim · 30. April 2012, 08:05 · #

    Good post Stefan.

    If you do not look at new companies and industries how will you broaden your circle of confidence?

    I look at new and different investment ideas all the time, make a note of my decisions and later look how things turned out.

    I also do this for all my sell decisions.

    Important is to write it down because your mind plays tricks on you changing the original argument.

    Peter Drucker wrote a great paper on it called Managing Oneself.

    Keep up the good writing.

  4. — sebastian · 21. November 2012, 19:50 · #

    Jumbo scheint essenziell Toys’R‘Us zu kopieren. Spielzeugsupermärkte zu organisieren kann nicht so schwer sein. Zwei Wettbewerber stehen offenbar schon in den Startlöchern. Ich denke, die Ketten profitieren davon die kleinen Opa-und-Oma-Spielzeugläden zu kannibalisieren. Diese Marktbereinigung wird irgendwann zu Ende sein, dann ist der Markt für die großen Ketten gesättigt und der Preiswettbewerb untereinander setzt ein mit dem Ergebnis sinkender Margen. Bei einem funktionierenden Markt sollten nach der Konsolidierung mindestens zwei große Ketten übrigbleiben (am Besten wäre dann ein Kartell). Echte Wettbewerbsvorteile außer der Markenbekanntheit sehe ich nicht. Könnte ein ausländischer Wettbewerber wie Toys’R‘Us gefährlich werden, falls er sich entscheiden sollte in einen so kleinen Markt einzusteigen?

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