
Als Value Investor investiert man in unterbewertete Aktien. Preis und Wert eines Unternehmens sind die entscheidenden Faktoren, ob man kauft oder nicht. Aber irgendwann stellt sich sicher jeder mal die Frage, ob er grundsätzlich in jedes Unternehmen investieren würde. Am ehesten kommt diese Frage vielleicht bei Rüstungsunternehmen auf.
Sind Investments in Rüstungsunternehmen moralisch vertretbar? Mir schien die Beantwortung dieser Frage sehr einfach, aber je mehr ich darüber nachdenke, desto schwieriger wird es eigentlich.
Rüstungsunternehmen: notwendiges Übel oder nicht?
Kein vernünftiger Mensch wird wohl Kriege und Gewalt gut finden. Also sind nicht Waffen aller Art ein Produkt, welches auf keinen Fall hergestellt werden sollte? An sich kann ich dieser Ansicht nur zustimmen. Ich wäre sofort für ein umfassendes Verbot von Produktion und Besitz aller Arten von Waffen (von Messern o.ä. die auch als Werkzeug eingesetzt werden vielleicht mal abgesehen) – unter einer Bedingung: wenn es sich weltweit zu 100% durchsetzen und kontrollieren ließe. Und diese Bedingung zu erfüllen ist leider absolut ausgeschlossen.
Auch wenn mir das nicht wirklich gefällt (ich habe selbst den Wehrdienst verweigert und Zivildienst geleistet): wir brauchen eine Bundeswehr. Alles andere wäre Wahnsinn. Auch den Sinn einer bewaffneten Polizei werden die meisten wohl nicht bestreiten können. Also braucht man auch Rüstungsunternehmen, die Waffen produzieren. So wenig einem das auch gefallen mag.
Gegebenenfalls könnte man noch darüber nachdenken, ob Rüstungsunternehmen wirklich privatwirtschaftliche Unternehmen sein sollten. Ich bin eigentlich kein Freund davon, alles staatlich zu kontrollieren, aber privatwirtschaftliche Unternehmen streben eben tendenziell immer zu einer Steigerung der Absätze. Ob das im Rüstungsbereich so eine gute Idee ist, ist fraglich. Vielleicht wären ausschließlich staatliche Rüstungsunternehmen eine Lösung für dieses Problem. Ob das wirklich besser wäre ist sicher nicht so leicht zu beantworten. Und die Realitäten sehen in Deutschland und vielen anderen Teilen der Welt eben anders aus.
Bleibt also die Frage: kann man es moralisch vertreten, in Rüstungsunternehmen zu investieren?
Pro …
Stellen wir die Frage doch mal etwas anders: was ändert sich, wenn man nicht in Rüstungsunternehmen investiert? Mir fällt ehrlich gesagt nichts ein, was sich ändern könnte. Wenn ich keine Aktien von Rüstungsunternehmen kaufe, dann halten eben andere die Aktien. An der Existenz des Unternehmens ändert das nichts.
Im Gegenteil, es spricht sogar etwas dafür, Aktien von Rüstungsunternehmen zu kaufen: Als Aktionär hat man einen Einfluss auf die Unternehmenspolitik. Natürlich sind die Einflussmöglichkeiten als Kleinaktionär stark begrenzt, aber selbst dann ist er nicht gleich Null. Wer also z.B. die Politik eines Rüstungsunternehmens in manchen Bereichen als problematisch ansieht, der hat als Aktionär definitiv mehr Möglichkeiten daran etwas zu ändern als als Nicht-Aktionär.
Rein logisch betrachtet spricht also alles dafür, gerade in problematische Rüstungsunternehmen zu investieren.
Allerdings übernimmt man dann m.E. auch eine gewisse Verantwortung. Wenn man Aktionär eines Rüstungsunternehmens ist und dieses verkauft beispielsweise Waffen an diktatorisch regierte Länder, ist man zumindest als Kleinaktionär nicht daran schuld. Aber man macht sich mitschuldig, auch als Kleinaktionär, wenn man seine Möglichkeiten dem entgegenzuwirken nicht wahrnimmt.
… und Kontra
Es gibt allerdings für mich trotzdem etwas, was dagegen spricht, in Rüstungsunternehmen zu investieren. Als Value Investor sehe ich eine Aktie nicht nur als ein Stück Papier an, sondern als einen Anteil an einem Unternehmen, dessen Miteigentümer ich bei einem Kauf werde.
Ich schaue mir gerne mal im Baumarkt die Tapeten von A.S. Création an, und freue mich was für schöne Tapeten mein Unternehmen herstellt. Mit Modeschmuck kann ich eigentlich nicht viel anfangen, aber ich gehe gerne mit meiner Freundin zu Bijou Brigitte und schaue mich mal etwas um, wie mein Unternehmen die Ware so präsentiert (dabei böse und genervt schauen, dann fällts nicht so auf). Bei Naturkatastrophen bin ich stolz, als Munich Re Aktionär zumindest finanziell dazu beitragen zu können, die Schäden für die Betroffenen ertragbarer zu machen. Und wenn ich die aktuellen Nachrichten aus Afghanistan im Fernsehen sehe, bin ich begeistert sagen zu können, dass ein Haufen Aufständischer gerade mit Waffen meines Unternehmens ins Jenseits befördert wurde.
Ja, ich identifiziere mich gerne mit einem Unternehmen, wenn ich dessen Aktionär bin. Selbst wenn ich die Aktien schon wieder verkauft habe, bleibt das irgendwie bestehen. Aber bei Rüstungsunternehmen kann ich mir nicht so recht vorstellen, dass ich da allzuviel Begeisterung zeige…
Fazit
M. E. gibt es sowohl Gründe die für Investments in Rüstungsunternehmen sprechen oder zumindest nicht dagegen, als auch Gründe die dagegen sprechen. Jeder muss selbst mit sich ausmachen, welche Argumente ihm zusagen.
Ich kann Investoren, die Investments in Rüstungsunternehmen nicht ausschließen durchaus verstehen. Rein logisch betrachtet gibt es nicht viele Gründe, die dagegen sprechen. Die Welt wird nicht besser, wenn man darauf verzichtet. Ich bin nicht derjenige, der sich dann mit erhobenem Zeigefinger hinstellt, und jemandem ein schlechtes Gewissen einredet.
Ich selbst habe aber meine Probleme damit, in Rüstungsunternehmen zu investieren. Auch wenn die Kontra-Argumente logisch schwer begründbar sind, sind sie eben doch vorhanden. Ich hätte kein gutes Gefühl dabei, also lasse ich es. Es gibt genug andere Unternehmen…
Worüber man sich vielleicht noch Gedanken machen sollte: wo fängt Rüstungsunternehmen an? Ein Unternehmen welches Waffen herstellt? Teile an Waffenhersteller zuliefert? Ein Schuhhersteller der auch Stiefel für die Bundeswehr herstellt? Ein Klopapierhersteller der auch ans Militär liefert? Schwer zu sagen wo die Grenze ist…
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